|  |  | Das "Krone-Fläschchen" könnte über 
      500 Jahre alt sein
 Im Wirtshausmuseum 
      "Krone" in Tegernau wurde ein für den gesamten süddeutschen Raumeinzigartiges Zeugnis der Vergangenheit gefunden.
 
 
 
      Sechs cm lang, 2 cm im Durchmesser, ordentlich eingestaubt und mit Resten 
      eines unbekannten Etwas im Inneren, so präsentierte sich das 
      "Krone-Fläschchen" eher unscheinbar, als Hans Viardot es bei 
      Restaurierungsarbeiten im Tegernauer Wirtshausmuseum "Krone" in einem 
      Sandbett unter den Pflastersteinen des Küchenfußbodens entdeckte. 
 Mittlerweile jedoch ist klar: Das Glasfläschchen ist ein im ganzen 
      süddeutschen Raum einzigartiges Zeugnis der Vergangenheit: Es legt 
      zunächst eine ungewöhnlich weit zurückreichende Spur zur alten 
      Handwerkskunst der Glasmacherei. Darüber hinaus jedoch birgt es in seinem 
      Inneren vermutlich Reste eines "Schutzzaubers" und verweist damit auf 
      spätmittelalterlichen (Aber-)glauben und hergebrachte Hausschutz-Rituale. 
      Damit ist das Krone-Fläschchen "das älteste und beinahe einzige Exemplar 
      eines solchen Schutzzaubers im ganzen süddeutschen Raum", attestierte 
      Werner Störk als Kenner der hiesigen Glashütten-Historie.
 Bemerkenswert am "Krone-Fläschchen" ist zunächst sein Alter: Verschiedene 
      Merkmale bewegen Störk dazu, das Kleinod auf das 14. oder 15. Jahrhundert 
      zu datieren, und damit in die Frühzeit der Schwarzwälder Glashütten. 
      Zunächst ist da die grüne Farbe des Glases: Ein charakteristisches Merkmal 
      der Glasproduktion bis ins 17. Jahrhundert hinein. Verantwortlich für 
      diese Färbung ist das Eisenoxid im Quarzsand, der wiederum den 
      wesentlichen Rohstoff für das sogenannte "Waldglas" abgibt. Erst später 
      verbreitete sich das Wissen darum, wie sich dieser Grünstich mit Hilfe von 
      Manganverbindungen – der sogenannten Glasmacherseife – vermeiden und 
      klares, durchsichtiges Glas herstellen lässt.
 
 
  
 Weitere Indizien dafür, dass es sich beim Tegernauer Krone-Fläschchen um 
      ein "Frühwerk" der hiesigen Glasmacherei handelt, sieht der Fachmann in 
      der sehr dünnwandigen Ausführung des Glases, im hohen Grad der 
      Verunreinigung und der Vielzahl der im Glas eingeschlossenen Luftblasen.
 
 Dass es in der Region und speziell im Kleinen Wiesental (Wander-)Glashütten 
      gab, war durchaus bereits bekannt. Acht Glashütten sind allein im Kleinen 
      Wiesental nachgewiesen, so etwa in Sallneck um 1550, in Wambach um 1585 
      oder in Stockmatt um 1600, bei etlichen weiteren Standorten werden weitere 
      Glashütten vermutet. Dabei stand das Kleine Wiesental nicht allein in der 
      Region: Weitere ca. 50 Nachweise gibt es für das Große Wiesental (Raum 
      Zell, Hasel, Gersbach) und die angrenzenden Regionen. Ihre Blütezeit 
      hatten die Glashütten im Kleinen Wiesental den bisherigen Erkenntnissen 
      zufolge im 17. Jahrhundert. Dass die Glashütten trotz ihrer offenkundig immensen Bedeutung relativ 
      wenig Spuren hinterlassen haben, ist den Besonderheiten dieses 
      geheimnisumwitterten Handwerks geschuldet. Die Glasmacher waren aufgrund 
      ihres exorbitanten Holzverbrauchs alle paar Jahrzehnte – wenn der Wald in 
      der Umgebung gerodet war - gezwungen, einen neuen Standort zu suchen. Im 
      Zuge dieser Standortwechsel brachen die Handwerker ihre Zelte ab und das 
      wortwörtlich: Sie zerstörten ihre Öfen und bauten ihre Siedlungen 
      vollständig zurück. Maßnahmen, die offenbar dafür sorgen sollten, dass 
      keine Hinweise auf das Wissen und Können um die Glasherstellung 
      zurückblieben und das Geheimnis der Glasmacherkunst bewahrt wurde.
 
 Mindestens ebenso spannend und aufschlussreich wie die äußere Gestalt des 
      Krone-Fläschchens ist sein Innenleben: Schon gleich beim Auffinden fiel 
      eine vertrocknete Substanz im Inneren der Flasche auf, aller 
      Wahrscheinlichkeit nach die Reste eines Weihrauch-Weihwasser-Gemisches. 
      Damit ergibt sich bei der Suche nach der Bedeutung des Fundstückes eine 
      ganz neue Deutungsebene: Vermutlich sollten das Haus und seine Bewohner 
      mit dem Deponieren eines solchen Gegenstandes vor Unheil jeder Art, vor 
      Hexen und bösen Geistern geschützt werden.
 
 Ein solcher Brauch legt ein katholisches Umfeld nahe. Da unsere Region nun 
      1555 evangelisch wurde, mag hier ein weiteres Indiz für das bemerkenswerte 
      Alter des Krone-Fläschchens vorliegen. Andererseits, es hielt sich so 
      mancher katholische Brauch im Verborgenen auch unter dem neuen Glauben. 
      Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass das Fläschchen erst nach der 
      Reformation vergraben wurde. Zugleich legt der Fund nahe, dass das 
      Krone-Gebäude - zumindest in seinen Fundamenten - schon vor der ersten 
      Erwähnung des Gasthauses im Jahr 1735 existierte.
 
 
  
 Hans Viardot geht gar davon aus, dass das Ursprungsgebäude eines der 
      ersten Häuser Tegernaus war, welches im Jahr 1113 seine erste urkundliche 
      Erwähnung fand. Im Gesamtpaket aus Alter und Schutzzauber-Funktion ist das 
      Krone-Fläschchen "ein Schatz, der absolut einzigartig ist", schreibt 
      Werner Störk dem Team des Wirtshausmuseums Krone ins Stammbuch.
 
  
 Zu bestaunen ist das Kleinod derzeit freilich nur zu ausgewählten 
      Gelegenheiten. Mangels adäquatem Präsentationsort wird das Fundstück 
      derzeit nur zu besonderen Führungen aus seinem sicheren Verwahrungsort 
      hervor geholt. Wünschenswert wäre, dass die Kostbarkeit einen sicheren 
      Platz im Hausgang der Krone fände, so Hans Viardot.
     Quelle: Badische Zeitung; Original-Artikel: Anja Bertsch: "Ein Schatz, der einzigartig 
      ist", 
      12. 09.2015 Text-Bearbeitung: Webmaster;     
      Fotos: KuK/H. Viardot (1+2); Anja Bertsch (3+4)   |