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Eine fantastische Heimkehr |
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Die Anekdote vom Barockschrank wird gerne erzählt, wenn es um das Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet geht. Denn ohne besagten Schrank gäbe es dieses Kleinod der hiesigen Museumslandschaft wohl gar nicht. Es war 1984, als der Jurist, Verleger und Kunstsammler Sigurd Marien zufällig in einem bayerischen Antiquitätenladen auf diesen Barockschrank stieß, in dem sich Bilder des Malers Friedrich Ludwig befanden. So nahm die Wiederentdeckung eines Expressionisten ihren Lauf. Aus dem enormen Fundus und „Bilderschatz" von 2000 Bildern, die Marien aus dem Nachlass aufkaufte, speist sich der Bestand des Ludwig-Museums. „Uns geht es darum, dass Friedrich Ludwig
weiterhin bekannter wird", sagt Hans Viardot von der Initiative „Kunst und
Kultur Kleines Wiesental" (KUK), die das Museum im alten Pfarrhaus privat
betreibt. Für Viardot ist es „eine fantastische Geschichte, dass da
urplötzlich 2000 Bilder wie vom Himmel runter gefallen sind und dass Laien
ein Museum hinstellen ohne öffentliche Unterstützung". Tatsächlich klingt
es märchenhaft, wie die Bilder des „Molers vo Wieslet" quasi „nach Hause"
zurückkehrten - an seinen Geburtsort. Die überaus rührige KUK hat das
ehemalige Pfarrhaus von der Kirchengemeinde gemietet, in Eigenleistung
renoviert und unterhält das Museum in ehrenamtlichem Engagement. Schlicht und schmuck fügt sich das Haus mit
den grünen Fensterläden ins dörfliche Umfeld zwischen Landwirtschaft,
bäuerlichen Anwesen, Holzstapeln und der Dorfkirche. Wer die Holzstiege in
den ersten Stock hochsteigt, ist sofort gefangen genommen von den
kraftvollen Farben der Gemälde. Nicht von ungefähr wurde Ludwig von der
Kunstkritik als „Kolorist von hohen Graden" bezeichnet, Im Museum wird das Andenken an den Maler
hochgehalten. Die Präsentation ist durchdacht: In den hohen, lichten
Räumen mit Deckenstuckatur sind die gewichtigen expressionistischen
Hauptwerke zu sehen, Figurenbilder, viele Frauen- und Mädchenporträts und
Landschaften, deren intensive Gestaltungs und Farbenkraft die Betrachter
stark anzieht. Frühe Arbeiten verraten noch Einflüsse des Impressionismus,
eine Nähe zu Cezanne, andere erinnern stilistisch mehr an Ernst Ludwig
Kirchner. In den Räumen unterm Dach, mit Dachschrägen und Holzbalken, sind
einheimische Motive versammelt, Ansichten aus Wieslet oder vom
Schneiderhof, aber auch Selbst- und Familienportraits. In weiteren Räumen
sind Akte, Berglandschaften aus dem Bayerischen und die späten visionären
Bilder mit surreal verfremdeten Traumgesichten, albtraumhaften Masken und
Fratzen untergebracht - eine Malerei zwischen zwei Welten.
Badische Zeitung / Original-Text und
Fotos: Roswitha Frey |
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