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Presse - Aktuell

 

BZ - Bericht vom 17. August 2021

 

 

Auf den Spuren eines dunklen Kapitels der Heimatgeschichte

Mit einer Exkursionen in den Hägelberger Wald erinnert der Verein 'Krone und Kultur Kleines Wiesental'
 an die grausamen Morde der Nazi-Organisation "Werwolf".

Eineinhalb Jahre ist es her, dass Hans Viardot vom Verein Krone und Kultur Kleines Wiesental (KuK) zum Besuch des Elbenschwander Mahnmals eingeladen hatte. Am Samstag wanderte er wieder mit einer Gruppe an den geschichtsträchtigen Ort, um an ein dunkles Kapitel der Heimatgeschichte zu erinnern.

Spannung versprach zunächst der Wanderweg zum Gedenkstein, einem vier Tonnen schweren Granitstein mit Bronzeplatte als "grober Klotz für eine grobe Tat". Dieser wurde anlässlich des 70-jährigen Ende des Zweiten Weltkrieges im November 2015 von KuK an den abgelegenen Ort gebracht. Der Waldweg führt nach der Wanderhütte am Wolfsacker über die historische Wegscheide zwischen der katholischen habsburgischen Vorlande und der protestantischen "wüstgläubigen" Markgrafschaft. Links und rechts des romantischen, steil ansteigenden Märchenwaldweges flankieren moosbewachsene Marksteine aus dem 18. Jahrhundert die Rechtsansprüche der ehemaligen fürstlichen Besitzer. Viardot erwähnte die zahlreichen, teilweise bis heute noch nicht komplett erforschten barocken Schanzanlagen unmittelbar neben dem Besuchsort.
 


Teilnehmer der Wanderung zum Mahnmal mit Hans Viardot (2. v. re.)    Foto: Gudrun Gehr


Die Gruppe kam zur höchsten Stelle des Hirschkopfes auf 1100 Meter, um sich an ein schreckliches Verbrechen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges unter dem Motto zu erinnern. Wahrscheinlich am 25. April 1945 – französische Truppen hatten bereits das Wiesental erobert – wurde hier eine Gruppe von fünf jungen Zwangsarbeitern aus Litauen, Polen und Russland von Angehörigen gleichaltriger "Werwölfe" erschossen. Die "Werwölfe" wurde 1944 als Untergrund- und Terrororganisation ins Leben gerufen. Lokalhistoriker Hansjörg Noe hatte festgestellt, dass in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges eine Gruppe jugendlicher Soldaten den Befehl befolgte, mit sieben unterstützenden Zwangsarbeitern am Hirschkopf und am Tannenkopf zwei Maschinengewehr-Unterstände auszuheben. Den Befehlshabern schien der exponierte Ausblick beim damaligen niedrigen Baumbewuchs wohl ideal für das Stoppen und Beschießen der herannahenden französischen Truppen. Zwei der Zwangsarbeiter konnten nach einem Hinweis eines "Werwolfs" flüchten, die restlichen fünf Jugendlichen glaubten der Warnung nicht, dass ein Schießbefehl auf sie existierte. Aufgrund des Befehles des SS-Offiziers Kurt Rahäuser wurden die fünf Zwangsarbeiter in zwei Gruppen getrennt. Drei Jungen wurden an der Gemarkungsgrenze zu Käsern/Pfaffenberg von Gleichaltrigen hingerichtet, zwei in der Nähe des Mahnmals. Die Leichen der Dreiergruppe wurden im Herbst 1945 bei Käsern gefunden, die Leichen der beiden anderen Jugendlichen bis heute nicht.

Vergleichbares ereignete sich im Wald bei Hägelberg, auch hier wurden jugendliche Zwangsarbeiter bei Schanzarbeiten eingesetzt. In der Angst, dass die Arbeiten an die einmarschierenden Franzosen verraten würden, ermordete die hier stationierten "Werwölfe" auf höheren Befehl drei Jungen. Zwei wurden durch Kopfschüsse getötet, ein Opfer hatte einen zertrümmerten Schädel. Auch in Hägelberg erinnert ein Gedenkstein daran.



Zeitzeuge Ernst Brenneisen    Foto: Gudrun Gehr

Der 89-jährige Zeitzeuge Ernst Brenneisen aus Schlächtenhaus konnte sich an die damalige Zeit präzise erinnern. Ein Pilzsucher hatte unweit seines Elternhauses im Herbst 1945 eine Kinderhand aus einem Reisighaufen herausragen sehen. Es handelte sich um den Jugendlichen, der von "Werwölfen" erschlagen wurde. Berührend schilderte der Zeitzeuge jene Umstände. Die "Werwölfe" hätten mit ihren Karabinern jeweils aus ihrem Unterstand im Hägelberger Wald französische Aufklärungsflugzeuge beschossen. Die französische Luftwaffe beantwortete die Attacken mit einem Beschuss auf den elterlichen Bauernhof, da das französische Militär die Schützen dort vermutete. Zum Angriffszeitpunkt hätten sich im Hof zwei Pferdefuhrwerke und etwa zwanzig Flüchtlinge aus dem Markgräflerland befunden. Beschädigt wurde lediglich das Dach des Hofes, Mensch und Tier kamen nicht zu Schaden.
Die "Werwölfe" vom Hägelberger Unterstand seien stets mit ihren Karabinern durch das Dorf marschiert und mussten sich ihre Nahrung beim Ortsgruppenführer abholen. Ältere Bewohner, die sich nach dem Ziel der Jungen erkundigten, wurden als Feiglinge beschimpft. Tief eingegraben in das Gedächtnis des Zeugen haben sich auch die Erzählungen des ukrainischen Zwangsarbeiters, der dem elterlichen Hof zugeteilt war. Dieser musste dem Erhängen eines polnischen Zwangsarbeiters im Steinbruch Brombach wegen eines unerwünschten Verhältnisses zu einer Deutschen beiwohnen.

Hans Viardot betonte, dass KuK die Jugend über das damalige Verbrechen aufklären wolle. Nach kindgerechter Vorbereitung der Schüler der Naturparkschule besucht KuK mit den Kindern regelmäßig das Mahnmal. Auch die Landtagspräsidentin Muhterem Aras sei bereits darauf aufmerksam geworden: "Es ist gut, dass es solche Initiativen gibt."

 

Original-Bericht: BZ / Gudrun Gehr
 

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