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Presse - Aktuell

 

BZ - Bericht vom 18. April 2023

 

 

  Weiler-Lesung bringt Leben in die "Krone"

Nach langer Zeit ist wieder Leben in die "Krone" in Tegernau eingekehrt. Viel Publikum verfolgt dort
die Lesung Gerald Nills aus seinem Buch "30 Weiler im Wiesental".


Gerald Nill las in der Gaststube der Krone aus seinem neuen Buch.
Foto: Roswitha Frey

Eine gemütliche "Druggete" herrschte am Sonntagvormittag bei der Lesung von Gerald Nill in der urigen Wirtsstube der "Krone" in Tegernau. Dicht an dicht saßen die Zuhörerinnen und Zuhörer an den robusten Holztischen, vor sich ein Glas Bier, Schorle oder Wein, und lauschten aufmerksam. Der Autor aus Gresgen trug einige Kapitel aus seinem Buch "30 Weiler im Wiesental" vor, das im Februar herausgekommen ist und dessen erste Auflage bereits fast vergriffen ist. Eine zweite folgt.

Die "Krone", so Nill, sei für ihn ein besonderer Ort. In diesem Wirtshausmuseum habe er vor vier Jahren sein erstes Buch vorgestellt, damals im Saal. Und Hans Viardot, der inzwischen verstorbene Motor des Vereins "Krone und Kultur Kleines Wiesental", hatte zur Einführung gesprochen. Deshalb war es Nill ein Anliegen, sein neues Buch ebenfalls an diesem Ort zu präsentieren. Er dankte der neuen Wirtin Manuela Lin, die das Gasthaus Anfang April wiedereröffnet hat, und freute sich, "dass die Krone wiederbelebt wird".

Die Begrüßungsworte sprach Sonja Eiche vom Verein Brauchtum im Kleinen Wiesental-Raich. Gerald Nill habe diese abgelegenen Orte, einzelnen Höfe und kleinen Häuseransammlungen in wunderbarer Landschaft aufgesucht, deren Bewohner noch die Traditionen und Bräuche aufrecht erhalten. Er habe mit den älteren Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen, wie das Leben früher war, wie es sich entwickelt habe und wie es heute sei. Manche Weiler seien fast ausgestorben, einige der Gesprächspartner seien inzwischen verstorben. So sei dieses Buch "wertvoll als Erinnerung und Dokumentation des Lebens in den Weilern". Es lohne sich, selbst dorthin zu fahren, so Sonja Eiche. Das Buch sei lebendig geschrieben: "Ich habe es verschlungen wie Nills anderen Bücher auch."

Gerald Nill freute sich, dass sich so viele Leute auf den Weg in die "Krone" gemacht haben. In der Tat sei jeder der Flecken, den er besucht habe, "ein Überraschungsei" gewesen. Er habe nicht gewusst, was und wer ihn dort erwarte. Die Initiative zu den Recherchen ging von der Badischen Zeitung in Schopfheim aus. Die erste Anlaufadresse, die man ihm mitgab, war die des Musikerehepaars Almut und Paul Hailperin, die es nach Hütten verschlagen hat. Für die Musikerin aus Hamburg und den Instrumentenbauer aus den USA war das Haus in einsamer Lage "Liebe auf den zweiten Blick".

"Die Weiler haben eine Geschichte, die immer eng mit den Akteuren verknüpft ist", sagte Nill. Die Gespräche zeigten die Liebe der Bewohner zu ihrem Weiler. "Keiner kann sich vorstellen, woanders zu leben". Das nächste Kapitel, das er las, führte nach Eichholz, zu einem Platz "mit der schönsten Aussicht im ganzen Tal". Dort erfuhr er, dass der Weiler früher aus Weiden für Schafe bestand, dort vor hundert Jahren kein einziger Baum stand und der Schäfer einen Teil des Hofes bewohnte.

Ein Kapitel las Nill über Wambach, wo es einen schönen kleinen Dorfplatz mit Brunnen gebe, aber auch Ferienwohnungen. Die Gäste schätzten die "gute Luft und Ruhe". Die Landbevölkerung dort habe aber auch das Problem, dass sie bei nicht zuverlässigem Nahverkehr aufs Auto angewiesen sei und die jüngere Generation abwandere, wenn ihr das Baurecht am Ort verwehrt werde. "Die Weiler befinden sich im Umbruch", so der Autor. Er nahm seine Zuhörer auch noch mit nach Wildböllen in einen 400 Jahre alten Schwarzwaldhof, wo die Landwirtschaft an den Steillagen anspruchsvoll und schwierig ist, die Nachbarn zwei Schweine zur eigenen Versorgung halten und die Männer früher im Wald Holz machten. "Fahren Sie doch einmal mal hin", ermunterte Gerald Nill die Zuhörer.

Die Lesung von Nill, die er in Eigenregie veranstaltet hat, war die erste seit Corona in der "Krone". Lange war es ruhig um das Wirtshausmuseum. Dass nun der gastronomische Wirtshausbetrieb und das kulturelle Leben angekurbelt werden, freut den Verein "Krone und Kultur Kleines Wiesental". Wie Ernst-Jürgen Kallfass sagt, der mit Gerhard Wagner die Vorstandsdoppelspitze bildet, sei der Verein froh, in Manuela Lin eine neue Pächterin für das Gasthaus gefunden zu haben.

"Es ist ein erster Schritt, dass wieder Leben ins Haus kommt", so Kallfass. Das fast 300 Jahre alte Haus, in dem zahlreiche historische Fotografien hängen, soll künftig wieder mit Veranstaltungen belebt werden. Wie Kallfass sagte, habe man bereits Kontakte geknüpft und wolle in absehbarer Zeit die Veranstaltungen wieder aufnehmen.

Unter dem inzwischen verstorbenen Vorsitzenden Hans Viardot gab es zahlreiche literarische Frühschoppen, Vorträge, Lesungen, Konzerte, Theater und Führungen im Wirtshausmuseum. Man wolle versuchen, so Kallfass, diese schöne Tradition weiterzuführen.

 

 

Badische Zeitung - Original-Bericht: Roswitha Frey

 

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