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Presse - Aktuell                          

BZ - Bericht vom 24. April 2006

 
Eine heimatlose und verlorene Maler-Generation
 
Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet wartet mit neuen Bildern des Künstlers auf!
 
In Ehen ist es gefürchtet: das verflixte siebte Jahr. Aber gilt das auch für Museen? Vor genau sieben Jahren wurde das Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet eröffnet, und auch hier überlegt man sich, wie man die Besucherzahlen halten kann. Da kommen so attraktive Angebote wie die dritte Museumsnacht gerade recht. Bis "Mitternacht bot sich den Kunstfreunden ausgiebig Gelegenheit, bei musikalischer Unterhaltung neu gehängte Bilder von Friedrich Ludwig anzusehen.
 
Quo vadis Friedrich Ludwig? Wie reagiert der Kunstmarkt auf diesen Maler der vergessenen und verlorenen Generation? Diesen Fragen ging der Sammler Sigurd Marien nach, aus dessen riesigem Fundus an Ludwig-Bildern sich der Museumsbestand speist. Jüngst haben zwei Ludwig-Bilder im renommierten Auktionshaus Ketterer erstaunlich gute Preise erzielt -es kommt also Bewegung in die Ludwig-Rezeption. Wertvorstellungen von Kunst, so Marien in seinem Vortrag, werden vom Kunstmarkt, von Galerien, Sammlerbörsen und Auktionen bestimmt. Denn Kunst ist auch ein Investitionsfaktor: „Familien schwanken, Aktien schwanken, aber die Aktie Kunst ist geblieben".
 
Bisher haben sich Kunstkritiker, Galeristen, Sammler und eben der Kunstmarkt mit der Einordnung von Friedrich Ludwig schwer getan. Denn der Maler hat es immer vermieden, sich „kaufen" zu lassen und ist lieber den beschwerlichen Weg des Einzelgängers gegangen. Und in einer Zeit, da Museen alle zu kämpfen haben, ist für Marien das ehrenamtliche Engagement des Vereins „Kunst und Kultur Kleines Wiesental" für das Ludwig-Museum gar nicht hoch genug zu schätzen: „Schön, dass wir hier im Museum noch einen Ludwig betrachten können, ohne auf den Kommerz zu achten, wertfrei im wahrsten Sinn des Wortes".
 
Um das Interesse an Ludwig wach zu halten und spannende Einsichten in sein Oeuvre zu geben, werden durch die Neuhängung andere Facetten seines Werks vorgestellt. Ein Sonderraum beherbergt zudem eine Verkaufsausstellung mit 47 Pastellen, Zeichnungen aus den Skizzen-büchern, Gouachen und Ölbildern; alles Arbeiten, „die den Museumsbestand nicht angreifen", wie der Sammler versichert. Wer die gewaltigen Berglandschaften sieht, die Motive mit springenden Rehen, die wundervollen Frauenbildnisse, etwa das bezaubernde Mädchenporträt in Aquarell von 1930, die Aktstudien, die souveränen Zeichnungen oder die virtuos gelungene Landschaft „Rote Dächer", überhaupt die enorme farbliche Ausdruckskraft vieler Arbeiten, der sieht die „Aktie Ludwig" steigen. Man muss dem Ludwig-Entdecker Marien hier Recht geben, dass ein Ludwig auf der Höhe seiner Qualität den Vergleich mit expressionistischen Kunstgrößen wie Kirchner oder Schmidt-Rottluff nicht scheuen muss.
 
Bei der Museumsnacht konnte auch erstmals der neu eingerichtete Ernst-Schleith-Raum des Museums besichtigt werden. Schleith (1871-1940), der „Chunstmoler vo Wieslet", hatte ein ähnlich schweres Künstlerschicksal wie Ludwig. Der Maler, der an der Kunstakademie in Karlsruhe studiert hatte und Schüler von Hans Thoma war, galt als sensibel und schwermütig. Seit 1919 lebte er in einem Atelier unterm Dach des Schulhauses in Wieslet. Er sah sich selbst als „Heimatlosen", und auf seinen meisterlichen „Bleistiftgemälden" findet sich oft die Figur eines einsamen Wanderers mit Stock, Rucksack und Hut. Zwölf Zeichnungen von Schleith sind in dem neuen Raum versammelt, die damit die 20 Arbeiten im Schleith-Atelier ergänzen. Zwei Kohlezeichnungen wie die „Totenmaske" aus der Akademiezeit zeigen, wie unglaublich plastisch dieser Künstler mit dem Zeichenstift Gesichter und Porträts modellierte. In seinen heimischen Landschaften hat Schleith eine ganz eigene Technik zur Vervollkommnung gebracht: eine Art zeichnerischen Pointillismus mit ineinander fließenden Punkten, was wie eine grobkörnige Foto­grafie wirkt. Durch diese malerisch wirkende Bleistifttechnik erreichen die Porträts und Landschaften eine unvergleichliche Licht- und Schattenwirkung.
 
Also ein weiterer bemerkenswerter Künstler aus Wieslet, dessen Andenken die rührige KUK wach hält und ihm die gebührende Anerkennung verschafft. So konnten die vielen Besucher der Museumsnacht zwischen dem stimmungsvoll beleuchteten Museum und dem Schleith- Atelier pendeln, den Führungen von Hans Viardot folgen, den alemannischen Liedbeiträgen von Berthold Hünenberger und Andreas Schaffrina sowie dem „Duo Wunderfitz" lauschen - und eine lange anregende Kunstnacht auf dem Dorf verbringen.

 

Badische Zeitung vom 24. 4. 2006 / Autorin: Roswitha Frey

 

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