Leinen los fürs "Narrenschiff 2008"
Der Malsburg-Marzeller Maler Klaus Eichler stellt 30 seiner
ironisch-gesellschaftskritischen Bilder im Ludwig-Museum aus
Er sieht sich als malender
Zeitkritiker, der wie ein Don Quichotte mit spitzem Pinsel gegen die modernen
Windmühlen und die Übel der Welt kämpft: Klaus Eichler ist ein Maler, der in
seinen Acrylbildern die Schwächen der Gesellschaft aufdeckt und sich
kritisch-ironisch über aktuelle Geschehnisse äußert. Am Samstag wurde im
Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet eine Sonderausstellung mit rund 30
gesellschaftskritischen, teils satirisch-provokativen Gemälden des Künstlers aus
Malsburg-Marzell eröffnet.
"Narrenschiff 2008" heißt diese von der Initiative KuK organisierte Sonderschau
aus gutem Grund. Denn der 66-jährige Eichler, der in seinem Beruf als Kaufmann
40 Jahre lang in aller Welt unterwegs war, bezieht sich in einem Bild auf das
berühmte Narrenschiff des Satirikers Sebastian Brant. "Im Prinzip mache ich
nichts anderes, als Sebastian Brant vor 500 Jahren gemacht hat" , erklärt der
Maler zu seinem Anliegen, auf die Schwächen der Menschen und die Missstände der
Zeit aufmerksam zu machen. In seinem aktualisierten Narrenschiff sind denn auch
heutige Prominente aus Politik, Gesellschaft und Sport an Bord, unter der Flagge
von Angela Merkel: Da entdeckt man unter Narrenkappen Lafontaine, Steinmeier,
Schröder, Fußballtrainer Ottmar Hitzfeld und Edmund Stoiber, der gerade über
Bord geworfen wird.
Der Alltag und aktuelle Ereignisse des Welt- und Zeitgeschehens sind es, die
Klaus Eichler zu seinen farbkräftigen, teils fotorealistisch plakativ, teils
auch satirisch bewusst überspitzt gemalten Bildern inspirieren, die enorm
detailreich sind und voller verborgener Anspielungen stecken. Ein so
detailliertes und präzises Malen in aufwändiger Technik braucht viel Zeit, an
manchem Bild malt Eichler 200 Stunden. Seine Themen sind enorm breit gefasst.
Das reicht von den Dopingsündern des Radsports bis zur kritischen Sicht auf das
fragwürdige Olympiaspektakel in Peking, das mit Fackellauf, Militär und
Sportlern vieler Nationen dargestellt ist.
Symbolisch und vieldeutig kommen auch andere Werke zu politisch-religiösen
Themen daher, wie das Gemälde "Tumbling Towers" — übersetzt einstürzende Türme.
Dieses Motiv setzt Klaus Eichler in Gestalt zweier fallender Sumo-Ringer um, der
eine Moslem, der andere Christ — ein gewaltiges Bild, das sicher auch
Provokation auslösen mag. Auch einige politische Brisanz hat das Bild
"Perestroika" , wo einem im Spiegel Stalin, Putin und Mao entgegenblicken. Wie
paradox und brutal gegensätzlich unsere Welt und unsere Zeit ist, macht der
engagierte Maler auch in dem Bild "Beirut" deutlich. Dieses Motiv, entnommen
einem World Press Photo des Jahres, zeigt junge hippe Frauen mit Handy, die in
einem offenen Wagen durch die zerstörte Stadt und die Trümmer fahren — als sei
nichts geschehen. Auch in der Welt der Medien und Mode stößt Klaus Eichler
immer wieder auf Dinge, die er malerisch aufgreift: Etwa das falsche
Schönheitsideal der untergewichtigen "Hungerhaken" auf den Laufstegen oder die
beiden Models, die gesichtslos nur noch als Werbeträger für Modefirmen im "Café
Mondrian" sitzen. In diesem auffallenden Bild spielt der Maler auch in den
Formen und Farben mit dem berühmten Mondrian-Stil. In einigen Exponaten greift
Klaus Eichler, der neuerdings sein Atelier in Efringen-Kirchen hat, auch zu
einem anderen Stilmittel: Er stilisiert die Figuren, die dann aussehen wie die
gelbe comicartige Simpsons-Sippe. Das ermöglicht ihm, auch ganze Menschenmassen
zu malen, etwa 900 Figuren in dem Bild "Feragosto" , das sinnbildlich für einen
typisch italienischen Ferienstrand steht. Doch es wäre nicht Klaus Eichler, wenn
er nicht hintersinnig einige berühmte Persönlichkeiten in der Kopf-an-Kopf-Masse
versteckt hätte.
Ob Ausbeutung und Armut in der Dritten Welt, das Schicksal der
Bootsflüchtlinge oder das Bild vom Tsunami, der in einer Riesenwelle die
Akropolis, den Eiffelturm, das Tadsch Mahal und die Freiheitsstatue zu
verschlingen droht — die Bilder von Klaus Eichler rütteln auf, machen
nachdenklich, stoßen an, öffnen die Augen für die drohenden oder schon
existierenden Katastrophen in der Welt. Gerade weil seine Malerei nicht nur
oberflächlich betrachtet werden will, sondern eine "Mission" und Botschaft hat,
kam es bei den Besuchern der Vernissage gut an, dass Eichler seine Art der Kunst
und seine Ideen erläuterte und bei einer Führung durch die Schau die Bilder und
ihre Hintergründe erklärte.
Die
Ausstellung läuft noch bis 2. November, sonntags von 14 bis 17 Uhr.
Badische Zeitung vom 15. 9. 2008 / Autorin und Foto: Roswitha Frey
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