Die Leute zum
Nachdenken anregen
Klaus Eichler stellt im Friedrich-Ludwig-Museum aus /
Deutschland und die
Welt als „modernes Narrenschiff"
Alle sitzen in einem Boot: Politiker, Stars, Sporthelden und Staatsmänner
unter geblähten schwarz-rot-goldenen Segeln. Wer von ihnen der größte Narr
an Bord ist, darf jeder Betrachter für sich entscheiden. Dieses „moderne
Narrenschiff" namens „Teutonia" findet sich in der bemerkenswerten
Ausstellung von Klaus Eichler im Friedrich-Ludwig-Museum Wieslet, die am
Freitag eröffnet wurde.
Der Maler aus Malsburg-Marzell, der in den 70er-Jahren einmal „Rössle"-Wirt
in Wies war, zeigt seine gesellschaftskritischen Bilder zum ersten Mal in
einer solchen Werkschau - und sie sind eine echte Entdeckung.
Provozierend und herausfordernd in den Themen, hintergründig im Humor,
eindrücklich gemalt in realistischer, teils plakativer Art. Angeregt vom
berühmten „Narrenschiff" des Sebastian Brant, führt Klaus Eichler dessen
Moralsatire über 500 Jahre später fort und hält den Menschen heute den
Spiegel vor. Dem Künstler geht es darum, in seinen Bildern und Texten
„Schwächen und Torheiten des modernen Menschen aufzuzeigen", wie es Hans Viardot von der KUK bei der Vernissage nannte.
„Ich will keine schöne Kunst machen, obwohl sie schön gestaltet ist",
sagte Eichler selbst, „sondern die Leute anstoßen zum Nachdenken." So
stellt der Maler in seinen großformatigen, farbintensiven und
figurenreichen Acrylbildern alle möglichen Unarten, Modetrends,
fragwürdigen Entwicklungen und politische Missstände unserer Gesellschaft
dar. Nicht nur Deutschland hat der Künstler, der beruflich als Kaufmann
weltweit unterwegs ist, im Visier, sondern auch Globales. Wie etwa den
amerikanischen Lifestyle, dessen Oberflächlichkeit er mit dem Schriftzug
„Hohlywood" entlarvt.
Man sollte schon Zeit mitbringen, um die vielen Details, Symbole und
Figuren aus Gegenwart und Geschichte in Eichlers zeitkritischen Bildern zu
entdecken. Denn der Künstler hat zu seiner Malerei spiegelbildliche Texte
geschrieben, die ebenso zum Nachdenken (manchmal auch zum Schmunzeln)
anregen. Besonders die Medien- und Werbewelt wird von Eichler vielfach
thematisiert. Ob Katastrophen, Krankheit, das Elend der Dritten Welt, die
Unterdrückung der Menschen - alles wird heutzutage zu Reklamezwecken
missbraucht, wie Eichler in drastischen Bildern deutlich macht.
Da schiebt
eine Frau mit Gasmaske einen Kinderwagen mit Designerlabel durch ein
rauchendes Trümmerfeld und das blonde Model wird zur seelenlosen Barbie.
Ein anderes Bild zeigt Monumente der Geschichte und die Erde, die nur noch
an einem dünnen Seil hängt, das am Zerreißen ist. Knallhart sind die
Bilder agressiver, brüllender Neonazis oder das Sinnbild von
Springerstiefeln, die eine Friedenstaube zertreten.
Ironisch stellt Eichler politische Größen wie Blair, Bush & Co mit
Clownsgesichtern und roten Nasen dar und hinterfragt in Gestalt von
Goethe, Schiller, Beethoven und Einstein, wie es um unsere Bildung heute
steht. Das einstige Volk der Dichter und Denker, so schreibt er dazu, ist
längst zum Volk der Manager und Banker geworden. Auch dem Thema Zeit hat
sich der Künstler genähert, in einem Blick durch ein altes, verfallenes
Fenster auf das Meer. Öfter malt sich Eichler auch selbst in seine Bilder
hinein, einmal als eine Art Don Quichotte, der mit dem Pinsel gegen
moderne Windmühlen kämpft, oder als Kunstbetrachter vor leeren weißen
Leinwänden. Bei der Vernissage in der Wiesleter Dorfkirche sang Jeannot
Weissenberger Lieder von Hannes Wader und Polo Hofer - passend zu den
kritischen Bildern. Die Ausstellung läuft noch bis 16. April, sonntags
von 14 bis 17 Uhr.
Badische Zeitung vom 20. 2. 2006 / Autorin und Foto: Roswitha Frey
|