zurück

Presse - Aktuell

 

BZ - Bericht vom 21. Dezember 2021

 

 

Mit Schildern an Wänden soll in Tegernau der Dialekt zum Leben erweckt werden

Das Wirtshausmuseum Krone in Tegernau ist Teil eines Projekts zur Dialektförderung:
Mit originellen Schildern soll das Alemannische wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen.


Markus Manfred Jung (links) und Günter Gisin freuen sich über die ersten Schilder.    Foto: Gudrun Gehr

Pressetermin mit Mitgliedern vom Verein "Krone und Kultur" (KUK) und geladenen Gästen im Wirtshausmuseum Krone in Tegernau: Das alte Gasthaus befindet sich trotz der Pandemie nicht im Dornröschenschlaf. Erst jüngst fand die Krone als Mitglied Aufnahme im Projekt "Historische Gaststätten in Baden" – und bekam eine entsprechende Metalltafel an der Hauswand. Nun kamen zwei weitere Schilder hinzu.
Die Krone bietet seit Anfang der 2000er Jahre im Kleinen Wiesental auch als offizielles Standesamt zwei Trauzimmer, wobei sich die Brautleute zwischen dem alten, kleinen Herrenzimmer im Erdgeschoß und dem Tanzsaal im Obergeschoß mit seinem charakteristischen blauen Kachelofen entscheiden müssen. Beide Räume sind originelle Feierorte. Im alten Herrenzimmer kann aus Platzgründen die alte Musikbox der 1960er Jahre, die unverändert funktioniert, entfernt werden. Zwischenzeitlich fanden in der Krone rund 20 Trauungen statt. Von der Gemeinde wurde nun ein Emailleschild mit der Aufschrift "Standesamt Kleines Wiesental" mit Gemeindewappen gestiftet.

Das Wirtshauspersonal als Trauzeugen

Beim Einweihungstermin der Schilder erklärte Bürgermeister Gerd Schönbett, für die Räumlichkeiten als Trauzimmer dankbar zu sein. Er sagte: "Die Krone ist für diese Zwecke mit ihrem Ambiente ein ganz besonderer Ort." Zwangsweise müssten sich derzeit ausgeführte Hochzeiten pandemiebedingt als "Schmalspurhochzeiten" erweisen.
Hans Viardot von KuK erinnerte sich schmunzelnd an die kleinste Trauung, die in der Krone stattfand: "Neben dem Brautpaar und dem Standesbeamten waren keine Trauzeugen vorhanden. Kurzerhand bat das Brautpaar das anwesende Wirtshauspersonal von KuK, als Trauzeugen zu dienen. Einer davon war ich." Hans Viardot bedankte sich für die Stiftung des Schildes.

Für das dritte Schild hatte Günter Giesin aus Wies die Initiative übernommen. Er hatte bereits 2017 den Tourismusverein und den Brauchtumsverein im Kleinen Wiesental für seine Idee begeistert, welche seine Pläne auch finanziell unterstützten. Mit im Boot ist der Mundartdichter, Autor zahlreicher alemannischer Bücher und Alemannisch-Experte Markus Manfred Jung.
In Tegernau befinden sich drei Schilder, darunter am Haus von Hans Viardot mit dem Spruch "Numme nümmi warte bis kei Dokter meh chunnt" (Nur nicht mehr warten bis kein Arzt mehr kommt). Die Schilder finden sich zwischenzeitlich über den ganzen Landkreis verteilt, vorwiegend im Bereich Ried, Raich und Hohenegg.

Dialekt im Vorbeigehen lernen

Das Schild mit dem Spruch "Chum emool go luege wo d’Luis de Moscht gholt hät" vervollständigt nun das Schilder-Trio an der Hauswand der Krone, die Idee zum Spruch hatte Hans Viardot. Die Übersetzung lautet "Komm mal schauen, wo Luis den Most geholt hat" und lehnt sich an die Redensart an, "wo der Bartel den Most holt". Günter Giesin erklärte beim Einweihungstermin: "Ziel des Projektes ist, dass nahezu an jedem Haus in der Gemeinde irgendwann einmal ein solches Schild angebracht wird und glänzt." Fremde können beim Vorbeigehen etwas vom Dialekt lernen und verstehen. Die Edelstahlschilder verdeutlichen eine sichtbare Identifikation zur alemannischen Sprache. Alemannisch-Fachmann Markus Manfred Jung ergänzte: "Das Alemannische ist kein grauseliger Rachenzehrer oder eine Halskrankheit, wie sie manchmal bezeichnet wird." Und weiter: "Wir brauchen uns auch nicht verstecken und keine Minderwertigkeitskomplexe entwickeln."
Auch die Politik habe sich zum Erhalt des Dialektes zwischenzeitlich mit Fördermaßnahmen eingebracht. Und schlussendlich verdeutlichte Jung , dass es im Alemannischen keinen "Kuss", sondern nur einen warmen zärtlichen "Schmutz" gäbe.
 

 

Original-Bericht: BZ / Gudrun Gehr
 

zurück  

nach oben