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Mit Schildern an Wänden soll in Tegernau der
Dialekt zum Leben erweckt werden
Das Wirtshausmuseum Krone in Tegernau ist Teil
eines Projekts zur Dialektförderung:
Mit originellen Schildern soll das Alemannische wieder mehr Aufmerksamkeit
bekommen.
Markus Manfred Jung (links) und Günter Gisin
freuen sich über die ersten Schilder. Foto: Gudrun Gehr
Pressetermin mit Mitgliedern vom Verein "Krone und
Kultur" (KUK) und geladenen Gästen im Wirtshausmuseum Krone in Tegernau: Das
alte Gasthaus befindet sich trotz der Pandemie nicht im Dornröschenschlaf. Erst
jüngst fand die Krone als Mitglied Aufnahme im Projekt "Historische Gaststätten
in Baden" – und bekam eine entsprechende Metalltafel an der Hauswand. Nun kamen
zwei weitere Schilder hinzu.
Die Krone bietet seit Anfang der 2000er Jahre im Kleinen Wiesental auch als
offizielles Standesamt zwei Trauzimmer, wobei sich die Brautleute zwischen dem
alten, kleinen Herrenzimmer im Erdgeschoß und dem Tanzsaal im Obergeschoß mit
seinem charakteristischen blauen Kachelofen entscheiden müssen. Beide Räume sind
originelle Feierorte. Im alten Herrenzimmer kann aus Platzgründen die alte
Musikbox der 1960er Jahre, die unverändert funktioniert, entfernt werden.
Zwischenzeitlich fanden in der Krone rund 20 Trauungen statt. Von der Gemeinde
wurde nun ein Emailleschild mit der Aufschrift "Standesamt Kleines Wiesental"
mit Gemeindewappen gestiftet.
Das Wirtshauspersonal als Trauzeugen
Beim Einweihungstermin der Schilder erklärte Bürgermeister Gerd Schönbett, für
die Räumlichkeiten als Trauzimmer dankbar zu sein. Er sagte: "Die Krone ist für
diese Zwecke mit ihrem Ambiente ein ganz besonderer Ort." Zwangsweise müssten
sich derzeit ausgeführte Hochzeiten pandemiebedingt als "Schmalspurhochzeiten"
erweisen.
Hans Viardot von KuK erinnerte sich schmunzelnd an die kleinste Trauung, die in
der Krone stattfand: "Neben dem Brautpaar und dem Standesbeamten waren keine
Trauzeugen vorhanden. Kurzerhand bat das Brautpaar das anwesende
Wirtshauspersonal von KuK, als Trauzeugen zu dienen. Einer davon war ich." Hans
Viardot bedankte sich für die Stiftung des Schildes.
Für das dritte Schild hatte Günter Giesin aus Wies
die Initiative übernommen. Er hatte bereits 2017 den Tourismusverein und den
Brauchtumsverein im Kleinen Wiesental für seine Idee begeistert, welche seine
Pläne auch finanziell unterstützten. Mit im Boot ist der Mundartdichter, Autor
zahlreicher alemannischer Bücher und Alemannisch-Experte Markus Manfred Jung.
In Tegernau befinden sich drei Schilder, darunter am Haus von Hans
Viardot mit dem Spruch "Numme nümmi warte bis kei Dokter meh chunnt" (Nur nicht
mehr warten bis kein Arzt mehr kommt). Die Schilder finden sich zwischenzeitlich
über den ganzen Landkreis verteilt, vorwiegend im Bereich Ried, Raich und
Hohenegg.
Dialekt im Vorbeigehen lernen
Das Schild mit dem Spruch "Chum emool go luege wo d’Luis de Moscht gholt
hät" vervollständigt nun das Schilder-Trio an der Hauswand der Krone, die Idee
zum Spruch hatte Hans Viardot. Die Übersetzung lautet "Komm mal schauen, wo Luis
den Most geholt hat" und lehnt sich an die Redensart an, "wo der Bartel den Most
holt". Günter Giesin erklärte beim Einweihungstermin: "Ziel des Projektes ist,
dass nahezu an jedem Haus in der Gemeinde irgendwann einmal ein solches Schild
angebracht wird und glänzt." Fremde können beim Vorbeigehen etwas vom Dialekt
lernen und verstehen. Die Edelstahlschilder verdeutlichen eine sichtbare
Identifikation zur alemannischen Sprache. Alemannisch-Fachmann Markus Manfred
Jung ergänzte: "Das Alemannische ist kein grauseliger Rachenzehrer oder eine
Halskrankheit, wie sie manchmal bezeichnet wird." Und weiter: "Wir brauchen uns
auch nicht verstecken und keine Minderwertigkeitskomplexe entwickeln."
Auch die Politik habe sich zum Erhalt des Dialektes
zwischenzeitlich mit Fördermaßnahmen eingebracht. Und schlussendlich
verdeutlichte Jung , dass es im Alemannischen keinen "Kuss", sondern nur einen
warmen zärtlichen "Schmutz" gäbe.
Original-Bericht: BZ / Gudrun Gehr
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