Würdigung eines verkannten Künstlers
Das Ibenthaler-Haus in Lörrach stellt Werke
des Wiesentäler Künstlers Ernst Schleith aus
![](schleith_wieslet.jpg)
Blick auf Schleiths Heimat Wieslet, 1919
Hyperrealismus aus der Einsamkeit - der
ungewöhnliche Titel der erst zweiten Fremdausstellung im Lörracher
Ibenthaler-Haus umfasst den Wesenskern des Künstlers und Menschen Ernst
Schleith treffend. 1871 in Wieslet geboren, verblüfft er mit seiner überaus
akribischen, viel Geduld erfordernden, realistischen Mal- und Zeichenweise.
Seine Motivwahl und Ausdrucksweise verrät viel über den psychischen Zustand
Schleiths, der sein Leben lang verkannt, in prekären finanziellen Umständen
lebend unter starken Depressionen litt.
Im Ibenthaler-Haus werden alle 50 Werke des
1996 gegründeten Schleith-Museums in Wieslet, dessen Existenz dem Engagement
der KuK-Initiative zu verdanken ist - sowie einige Werke aus dem Bestand des
Museums am Burghof gezeigt. Darunter sind Portraits - zum Teil in Öl - sowie
eines der seltenen Selbstportraits des Künstlers. Überwiegend werden jedoch
Landschaftsbilder - mit oft bunten Bleistiften gezeichnet - gezeigt.
Schleith bleibt seinem Stil zeitlebens treu.
Unberührt von modernen, abstrakten Tendenzen, zeigte er in seinen Bleistiftgemälden
Realismus pur. In der Ausstellung sind auch Studien aus seiner Karlsruher Zeit
zu sehen: ein Frauenakt, Totenmasken, ein seltenes religiöses Motiv. Die Natur
war jedoch Schleiths Hauptmotiv, obwohl ihm die heimatlichen Täler eigentlich
zu eng waren. Und so sind die Studien meist von einer gewissen Melancholie
bestimmt.
Schon in der Dorfschule fiel Ernst Schleiths
Begabung auf. Schleith, der nach dem Besuch der Kunstakademie Karlsruhe, wo er
auch Schüler von Hans Thoma war, wieder nach Wieslet zurückkehrte, ging mit
seiner Staffelei hinaus in die Landschaft: Tegernau, Bürchau, Gresgen,
Schweigmatt, Schönau, Alpensicht vom Hotzenwald - die Ansichten und Ausblicke
mit Schwarzwaldhügeln und Bauernhöfen samt kleinsten Details wie Haustieren
werden von Schleith in fast pointillistischer Manier aufs Papier gebracht.
Der Künstler brauchte das Licht - bevorzugt
in den späten Nachmittagsstunden. Das Spiel von Hell und Dunkel, die länger
werdenden Schatten, wochenlang strichelte der Künstler an einem einzigen Bild.
Fast immer finden sich charakteristische Wolkenformationen in seinen
Landschaftsbildern. Oft entdeckt man bei genauem Hinsehen einen einsamen
Wanderer in der Ferne durchs Tal streifen. Ein Motiv, das Schleiths Lebensgefühl
widerspiegelt. Der Mann, der zeitlebens einsam blieb, fühlte sich von den
Bauern missverstanden, unter denen er als etwas spinnerter Chunschtmoler galt.
Auch sein Wunsch, eine Partnerin zu finden, blieb ihm verwehrt. Eine abgewandte,
strenge und unnahbare Frauengestalt findet sich immer wieder in seinen Werken.
In Das Liebespaar bannt er aufs Papier, wie sein Lebenstraum aussehen würde:
ein harmonisch nebeneinander wandelndes Paar.
Zwar gab es Menschen, die Schleiths Begabung
erkannten und ihn förderten, wie beispielsweise der Wiesleter Pfarrer
Schweikhardt oder der Bürgermeister Sütterlin, der ihm 1919 ein Atelier im
Dachgeschoss des Schulhauses einrichtete, in dem Schleith lebte und arbeitete.
Doch der Durchbruch gelang dem Künstler nie. Auch Versuche, an anderen Orten
als Kunstlehrer Fuß zu fassen, scheiterten.
Im Alter von 69 Jahren starb Schleith 1940
in Wieslet. Die Würdigung, die ihm zeitlebens verwehrt wurde, mag ihm durch die
aktuelle Ausstellung im Ibenthaler-Haus nun zuteil werden.
17. Nov. 2011 bis 18. März 2012, geöffnet
sonntags von 15 bis 17 Uhr
Nach einem Bericht des Oberbadischen
Volksblatts, Autorin: Gabriele Hauger, Lörrach.
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