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Presse - Aktuell                       

Oberbadisches Volksblatt - Bericht vom 16. November 2011

 
Würdigung eines verkannten Künstlers

Das Ibenthaler-Haus in Lörrach stellt Werke des Wiesentäler Künstlers Ernst Schleith aus


Blick auf Schleiths Heimat Wieslet, 1919

Hyperrealismus aus der Einsamkeit - der ungewöhnliche Titel der erst zweiten Fremdausstellung im Lörracher Ibenthaler-Haus umfasst den Wesenskern des Künstlers und Menschen Ernst Schleith treffend. 1871 in Wieslet geboren, verblüfft er mit seiner überaus akribischen, viel Geduld erfordernden, realistischen Mal- und Zeichenweise. Seine Motivwahl und Ausdrucksweise verrät viel über den psychischen Zustand Schleiths, der sein Leben lang verkannt, in prekären finanziellen Umständen lebend unter starken Depressionen litt.

Im Ibenthaler-Haus werden alle 50 Werke des 1996 gegründeten Schleith-Museums in Wieslet, dessen Existenz dem Engagement der KuK-Initiative zu verdanken ist - sowie einige Werke aus dem Bestand des Museums am Burghof gezeigt. Darunter sind Portraits - zum Teil in Öl - sowie eines der seltenen Selbstportraits des Künstlers. Überwiegend werden jedoch Landschaftsbilder - mit oft bunten Bleistiften gezeichnet - gezeigt.

Schleith bleibt seinem Stil zeitlebens treu. Unberührt von modernen, abstrakten Tendenzen, zeigte er in seinen Bleistiftgemälden Realismus pur. In der Ausstellung sind auch Studien aus seiner Karlsruher Zeit zu sehen: ein Frauenakt, Totenmasken, ein seltenes religiöses Motiv. Die Natur war jedoch Schleiths Hauptmotiv, obwohl ihm die heimatlichen Täler eigentlich zu eng waren. Und so sind die Studien meist von einer gewissen Melancholie bestimmt.

Schon in der Dorfschule fiel Ernst Schleiths Begabung auf. Schleith, der nach dem Besuch der Kunstakademie Karlsruhe, wo er auch Schüler von Hans Thoma war, wieder nach Wieslet zurückkehrte, ging mit seiner Staffelei hinaus in die Landschaft: Tegernau, Bürchau, Gresgen, Schweigmatt, Schönau, Alpensicht vom Hotzenwald - die Ansichten und Ausblicke mit Schwarzwaldhügeln und Bauernhöfen samt kleinsten Details wie Haustieren werden von Schleith in fast pointillistischer Manier aufs Papier gebracht.

Der Künstler brauchte das Licht - bevorzugt in den späten Nachmittagsstunden. Das Spiel von Hell und Dunkel, die länger werdenden Schatten, wochenlang strichelte der Künstler an einem einzigen Bild. Fast immer finden sich charakteristische Wolkenformationen in seinen Landschaftsbildern. Oft entdeckt man bei genauem Hinsehen einen einsamen Wanderer in der Ferne durchs Tal streifen. Ein Motiv, das Schleiths Lebensgefühl widerspiegelt. Der Mann, der zeitlebens einsam blieb, fühlte sich von den Bauern missverstanden, unter denen er als etwas spinnerter Chunschtmoler galt. Auch sein Wunsch, eine Partnerin zu finden, blieb ihm verwehrt. Eine abgewandte, strenge und unnahbare Frauengestalt findet sich immer wieder in seinen Werken. In Das Liebespaar bannt er aufs Papier, wie sein Lebenstraum aussehen würde: ein harmonisch nebeneinander wandelndes Paar.

Zwar gab es Menschen, die Schleiths Begabung erkannten und ihn förderten, wie beispielsweise der Wiesleter Pfarrer Schweikhardt oder der Bürgermeister Sütterlin, der ihm 1919 ein Atelier im Dachgeschoss des Schulhauses einrichtete, in dem Schleith lebte und arbeitete. Doch der Durchbruch gelang dem Künstler nie. Auch Versuche, an anderen Orten als Kunstlehrer Fuß zu fassen, scheiterten.

Im Alter von 69 Jahren starb Schleith 1940 in Wieslet. Die Würdigung, die ihm zeitlebens verwehrt wurde, mag ihm durch die aktuelle Ausstellung im Ibenthaler-Haus nun zuteil werden.

17. Nov. 2011 bis 18. März 2012, geöffnet sonntags von 15 bis 17 Uhr


Nach einem Bericht des Oberbadischen Volksblatts, Autorin: Gabriele Hauger, Lörrach.
 

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