Besuch im Ernst-Schleith-Museum
Der fast vergessene "Chunschtmoler"
Der Verein "KulTourismus"
ermöglichte eine Führung durchs Ernst-Schleith-Museum in Wieslet.
Der Künstler Ernst Schleith wurde zu Lebzeiten verkannt. Er litt unter
Armut, schätzte aber die Natur.
Die Mitbürger nannten ihn den "Chunschtmoler vo Wiesleth". Aber was heute
wie ein Ehrentitel klingt, war von den Mitbürgern von Ernst Schleith eher
abfällig gemeint. Einer, der nicht arbeitet, erst am späten Nachmittag
sichtbar wurde und sich für einen Künstler hielt – das war den
Zeitgenossen sehr suspekt.
Aber mit Ernst Schleith beheimatete die Gemeinde im Kleinen Wiesental
einen der ganz großen Künstler seiner Zeit, der weder damals noch heute
die Beachtung und Würdigung findet, die ihm gebührt. Im Rahmen des
Ferienprogramms des Vereins "KulTourismus" führte Hans Viardot durch die
zum Museum umgestaltete Wohnung des Künstlers im Schulhaus in Wieslet und
erinnerte an den großen Sohn des Kleinen Wiesentals.
Hans Viardot führte durchdas schleith-Museum in Wieslet
und erzählte aus dem Leben des fast vergessenen Künstlers.
Ernst Schleith wurde 1871 in Wieslet geboren, besuchte dort die
Volksschule, danach die Gewerbeschule in Schopfheim. Der frühe Tod der
Mutter (1882) traf den Jungen schwer. Ab 1886 besuchte Schleith die
Kunstgewerbeschule, ab 1892 die Kunstakademie in Karlsruhe und schuf seine
ersten Ölgemälde, vornehmlich Porträts und Landschaften. Es schlossen sich
Malaufenthalte in München, im Hotzenwald und im Odenwald an. Ab 1910
unterhielt Ernst Schleith ein eigenes Atelier in Karlsruhe, das er aber
nach einer Erkrankung aufgeben musste.
Er kehrte ins Wiesental zurück und nahm zwischen 1914 und 1916 am Ersten
Weltkrieg teil. Im Jahr 1919 richtete ihm der damalige Bürgermeister von
Wieslet, Alfred Sütterlin, im Dachgeschoss des Schulhauses ein Atelier
ein, in dem der Künstler bis zu seinem Tod im Jahr 1940 auch lebte. Als
Dank schuf Ernst Schleith 1919 die Ansicht von "Wiesleth", die heute im
Museum zu sehen ist.
Diese Wiesleter Zeit war für Ernst Schleith von Einsamkeit und großer
Armut überschattet. Da er sich keine Farben oder Leinwände mehr leisten
konnte, schuf er ausschließlich Bleistiftzeichnungen. Mit einer
unvorstellbaren Akribie zeichnete Ernst Schleith Landschaften und
Porträts, die in ihrer Ausdruckskraft noch über Fotografien hinausgehen,
da Ernst Schleith das Spiel mit Licht und Schatten meisterhaft
beherrschte. Er bevorzugte in der Landschaft das Abendlicht mit den langen
Schatten, weshalb ihn die Bauern erst am späten Nachmittag zu Gesicht
bekamen. Den ganzen Tag hatte der Künstler in unendlich mühsamer
Kleinarbeit an seinen Bildern weiter gearbeitet. Da ihm nur der Bleistift
und das Radiergummi zur Verfügung standen, benötigte er häufig Monate für
ein einziges Bild.
Schon früh hatte Ernst Schleith als "schwerblütiger Alemanne" gegolten. In
den langen Jahren in Wieslet quälten ihn seine Einsamkeit, seine Armut und
die fehlende Anerkennung seiner Umwelt. Er wurde zunehmend "schwierig",
vielleicht menschenfeindlich, sicher aber depressiv.
Er wurde zwar gelegentlich eingeladen, mit seinen Arbeiten an
Ausstellungen teilzunehmen, sagte aber häufig im letzten Augenblick ab.
Das führte dazu, dass er in der Kunstwelt seiner Zeit nie "ankam", gar
nicht wahrgenommen wurde. Aber auch in seiner engeren Heimat wurde ihm die
Anerkennung versagt.
Auf seinen Zeichnungen hat sich Ernst Schleith häufig – ganz klein – als
"einsamen Wanderer" in die Landschaft hineingemalt. Immer sieht man ihn
nur von hinten. Er geht weg vom Betrachter, hinein in eine Landschaft, die
ihm lieb war und der er viele Jahre seines Lebens und seines Schaffens
gewidmet hat.
Seine Arbeiten, seine Porträts, seine Totenmasken sind von einer solchen
Intensität, dass sie noch heute dem Betrachter den Atem nehmen. Es ist dem
Verein "Kunst und Kultur im Kleinen Wiesental" zu danken, dass Ernst
Schleith nicht völlig dem Vergessen anheimgefallen ist.
Info: Führungen durch das Ernst-Schleith-Museum können mit Hans Viardot
unter der Telefonnummer 0173 – 308 8809 vereinbart werden.
Nach einem
Bericht der Badischen Zeitung / Autor und Fotos: Heiner Fabry
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