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Presse - Aktuell                          

BZ - Bericht vom  27. Januar 2009


Parteinahme für die Unterdrückten

Das Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet startet mit einer ungewöhnlichen Sonderausstellung in das Jubiläumsjahr

In einem Raum wird der Zyklus "Verbrechen und Strafe" mit 23 Originallithografien des bedeutenden schweizerisch-französischen Künstlers Félix Vallotton (1865-1925) gezeigt. Die grafischen Arbeiten aus der Zeit der Jahrhundertwende in Paris, die sich in der Art von Karikaturen gesellschaftskritisch mit Themen wie Recht, Staatsmacht, Polizei und Gewalt auseinandersetzen, stammen aus der Sammlung von Sigurd Marien.  


Aus seiner Sammlung präsentiert Sigurd Marien einen Zyklus von Originallithografien von Félix Vallotton aus der Zeit um 1905 im Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet.

Bei der Vernissage in der Dorfkirche sprachen Marien und Hans Viardot von der Initiative Kunst und Kultur Kleines Wiesental (KuK) über Leben und Werk Vallottons und zogen auch einige interessante Vergleiche mit den Wiesleter Malern Friedrich Ludwig und Ernst Schleith. Wie diese sei auch Vallotton ein Einzelgänger und Eigenbrötler gewesen, habe zurückgezogen gelebt, teils unter schwierigen finanziellen Bedingungen, und zeitweise unter Depressionen gelitten. Als Vallotton eine Frau aus reicher Galeristenfamilie heiratete, fühlte er sich in diesem gesellschaftlichen Umfeld wie "im falschen Leben". Mit Schleith, der sich selbst als "einsamer Wanderer" darstellte, verband Vallotton der akribisch genaue Stil, die geradezu fotorealistisch exakte Darstellungsweise. Aus diesem Grund haben die Ausstellungsmacher auch zwei Zeichnungen von Schleith – eine Landschaft und das Motiv einer Totenmaske – in den Raum mit den Valloton-Lithografien gehängt.

  Vallottons Bilder seien stets Gegenstand der Diskussion gewesen, erklärte Sigurd Marien, der zusammen mit seinem Sohn Julian nach Wieslet gekommen war. Vallotton habe dem Holzschnitt und der Lithografie einen völlig neuen künstlerischen Ausdruck weit über die Gebrauchsgrafik hinaus gegeben. Vom flächigen Stil und der Kontrastwirkung her erinnerten die Arbeiten an die bekannten Plakate von Henri Toulouse-Lautrec, und ein weiteres Vorbild sei Daumier gewesen.

Marien hob die souveräne Beherrschung des Materials bei Vallotton hervor, seinen eigenen typisch Valloton’schen Stil, und den Humor, "bei dem einem das Lachen vergeht" – wie es einmal der Kunstkritiker Meier-Gräfe nannte. Scharf und treffend kommentiere Vallotton das Tagesgeschehen, und habe dabei immer "Partei genommen für die Schwachen und Unterdrückten", so Marien.

  Der Sammler und Entdecker des Ludwig-Bilderfundus, der seit 1996 der KuK in freundschaftlicher Beziehung verbunden ist, ging auch auf die zehn Jahre Ludwig-Museum ein. Marien hob besonders das große Engagement von KuK in diesen zehn Jahren hervor. Die Mitglieder des Vereins um den unermüdlichen Hans Viardot hätten sich enorm für die Kunst eingesetzt und damit auch dem Ansehen von Friedrich Ludwig sehr viel gebracht. Es seien schöne und erfolgreiche zehn Jahre gewesen, in denen viel erreicht wurde, so Marien. Er fand es positiv für die Gegend, dass dem von Schließung bedrohten Museum nun ein weiteres Jahr "Frist" ermöglicht wurde.

So kam an diesem Abend auch das Thema Friedrich Ludwig zur Sprache. Marien hat die Krankheitsgeschichte Ludwigs studiert und stieß dabei auf neue Erkenntnisse, die nun aufgearbeitet werden sollen, weil manches "die Geschichte Ludwigs in anderem Licht erscheinen lässt".   Auch Hans Viardot blickte auf die zehn Jahre Ludwig-Museum mit 35 Ausstellungen und weit über 15000 Besuchern aus aller Welt zurück. Er freute sich, unter den Vernissagegästen auch kommunale Vertreter wie Jürgen Tiedemann, Amtsverweser der neuen Einheitsgemeinde, und Ortsvorsteher Heinz Eichin begrüßen zu können.

Musikalisch gestaltet wurde die Ausstellungseröffnung erstmals von Michael Brogle an der Orgel, der Werke von J. S. Bach und Hermann Schröder spielte und damit Vallottons künstlerische Entwicklung vom Klassischen zur Moderne nachzeichnete.


Original-Bericht und Foto: Roswitha Frey

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