Parteinahme für die Unterdrückten
Das
Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet startet mit einer ungewöhnlichen
Sonderausstellung in das Jubiläumsjahr
In
einem Raum wird der Zyklus "Verbrechen und Strafe" mit
23 Originallithografien des bedeutenden schweizerisch-französischen
Künstlers Félix Vallotton (1865-1925) gezeigt. Die grafischen Arbeiten aus
der Zeit der Jahrhundertwende in Paris, die sich in der Art von
Karikaturen gesellschaftskritisch mit Themen wie Recht, Staatsmacht,
Polizei und Gewalt auseinandersetzen, stammen aus der Sammlung von Sigurd
Marien.

Aus seiner Sammlung präsentiert Sigurd Marien einen Zyklus von
Originallithografien von Félix Vallotton aus der Zeit um 1905 im
Friedrich-Ludwig-Museum in Wieslet.
Bei der Vernissage in der Dorfkirche sprachen Marien und Hans Viardot von
der Initiative Kunst und Kultur Kleines Wiesental (KuK) über Leben und
Werk Vallottons und zogen auch einige interessante Vergleiche mit den
Wiesleter Malern Friedrich Ludwig und Ernst Schleith. Wie diese sei auch
Vallotton ein Einzelgänger und Eigenbrötler gewesen, habe zurückgezogen
gelebt, teils unter schwierigen finanziellen Bedingungen, und zeitweise
unter Depressionen gelitten. Als Vallotton eine Frau aus reicher
Galeristenfamilie heiratete, fühlte er sich in diesem gesellschaftlichen
Umfeld wie "im falschen Leben". Mit Schleith, der sich selbst als
"einsamer Wanderer" darstellte, verband Vallotton der akribisch genaue
Stil, die geradezu fotorealistisch exakte Darstellungsweise. Aus diesem
Grund haben die Ausstellungsmacher auch zwei Zeichnungen von Schleith –
eine Landschaft und das Motiv einer Totenmaske – in den Raum mit den
Valloton-Lithografien gehängt.
Vallottons Bilder seien stets Gegenstand der Diskussion gewesen,
erklärte Sigurd Marien, der zusammen mit seinem Sohn Julian nach Wieslet
gekommen war. Vallotton habe dem Holzschnitt und der Lithografie einen
völlig neuen künstlerischen Ausdruck weit über die Gebrauchsgrafik hinaus
gegeben. Vom flächigen Stil und der Kontrastwirkung her erinnerten die
Arbeiten an die bekannten Plakate von Henri Toulouse-Lautrec, und ein
weiteres Vorbild sei Daumier gewesen.
Marien hob die souveräne Beherrschung des Materials bei Vallotton hervor,
seinen eigenen typisch Valloton’schen Stil, und den Humor, "bei dem einem
das Lachen vergeht" – wie es einmal der Kunstkritiker Meier-Gräfe nannte.
Scharf und treffend kommentiere Vallotton das Tagesgeschehen, und habe
dabei immer "Partei genommen für die Schwachen und Unterdrückten", so
Marien.
Der Sammler und Entdecker des Ludwig-Bilderfundus, der seit 1996 der KuK
in freundschaftlicher Beziehung verbunden ist, ging auch auf die zehn
Jahre Ludwig-Museum ein. Marien hob besonders das große Engagement von KuK
in diesen zehn Jahren hervor. Die Mitglieder des Vereins um den
unermüdlichen Hans Viardot hätten sich enorm für die Kunst eingesetzt und
damit auch dem Ansehen von Friedrich Ludwig sehr viel gebracht. Es seien
schöne und erfolgreiche zehn Jahre gewesen, in denen viel erreicht wurde,
so Marien. Er fand es positiv für die Gegend, dass dem von Schließung
bedrohten Museum nun ein weiteres Jahr "Frist" ermöglicht wurde.
So kam an diesem Abend auch das Thema Friedrich Ludwig zur Sprache. Marien
hat die Krankheitsgeschichte Ludwigs studiert und stieß dabei auf neue
Erkenntnisse, die nun aufgearbeitet werden sollen, weil manches "die
Geschichte Ludwigs in anderem Licht erscheinen lässt". Auch Hans Viardot
blickte auf die zehn Jahre Ludwig-Museum mit 35 Ausstellungen und weit
über 15000 Besuchern aus aller Welt zurück. Er freute sich, unter den
Vernissagegästen auch kommunale Vertreter wie Jürgen Tiedemann,
Amtsverweser der neuen Einheitsgemeinde, und Ortsvorsteher Heinz Eichin
begrüßen zu können.
Musikalisch gestaltet wurde die Ausstellungseröffnung erstmals von Michael
Brogle an der Orgel, der Werke von J. S. Bach und Hermann Schröder spielte
und damit Vallottons künstlerische Entwicklung vom Klassischen zur Moderne
nachzeichnete.
Original-Bericht und Foto: Roswitha Frey |