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Presse - Aktuell                          

BZ - Bericht vom 21. Mai 2011


Der Künstler mit dem Bleistift

Am Sonntag wird in Wieslet das Schleith-Atelier mit 50 Bildern neu eröffnet /
Ein Leben in Armut und Schwermut.


Ernst Schleith: Ried

Er war arm, er war depressiv, und eine Frau gab es in seinem Leben auch nicht. Aber Ernst Schleith hatte
malerisches Talent. Davon kann man sich am kommenden Sonntag in Wieslet überzeugen: Dann wird das
Schleith-Atelier neu eröffnet. 50 Bilder gibt es vom gebürtigen Wiesleter Künstler zu sehen, viele davon
zum ersten Mal in der Öffentlichkeit.

Anlass ist der 140. Geburtstag von Ernst Schleith (1871–1940). Die Initiative KUK (Kunst und Kultur) sammelt die Bilder und hat nun wieder 20 Werke vermacht bekommen. Schleiths Markenzeichen sind Bleistiftbilder mit Landschafts- und Dorfansichten. Auch Porträts von Persönlichkeiten der damaligen Zeit gibt es zu sehen.
 "Schleith hat unheimlich exakt gemalt, wie bei einer Fotografie", berichtet Hans Viardot von KUK.

Kein Wunder, dass die detailreichen Bilder auf den ersten Blick wie fotografiert aussehen. Doch für einen Fotoapparat, mit dem der Wiesleter Maler Vorlagen für seine Werke hätte anfertigen können, besaß er zeitlebens nicht. Stattdessen nahm er seine Staffelei und seine Stifte und ging direkt zu seinen Motiven im Kleinen Wiesental oder in Schopfheim. Dort hat er gestrichelt und gepunktet. Wer vor einem Original steht, ahnt, dass so etwas nicht an einem Nachmittag zu schaffen war. "Bis zu sechs Wochen hat Ernst Schleith für ein Bild gebraucht", sagt Hans Viardot.
Schleith war demnach ein überaus fleißiger und disziplinierter Maler. Für Leinwände und Ölfarben hatte er kaum Geld, und für seine Tätigkeit bekam er in Wieslet oft nicht den nötigen Respekt. Bekannt war er freilich, aber gegolten hat er dort nicht viel. Dass er das Bleistiftzeichnen so perfektionierte, lag möglicherweise auch an seiner depressiven Erkrankung. "Er verharrte am Bleistift und wurde darin ein Meister", sagt Schleith-Kenner Viardot. Die schwermütige Grundhaltung bleibt in vielen Bildern nicht verborgen; sie wirken ernst, ungeschönt und nüchtern. Ein Abbild der Heimat und mittlerweile selbst ein Stück Heimatgeschichte.

Aus heutiger Sicht sind die Werke – man geht von bis zu 600 Arbeiten aus – ein Schatz, gerade weil sie so naturgetreu sind. Nach Schleiths Tod dauerte es über 20 Jahre, bis sie zu Ehren kamen: 1964 mit einer Ausstellung in der Wiesleter Halle, arrangiert von Kurt Ückert. Die erste Ausstellung überhaupt. 1977 folgte eine weitere im Schopfheimer Heimatmuseum, 1993 die bislang größte durch KUK. Zu Schleiths 125. Geburtstag richtete KUK einen Ausstellungsraum ein, wie er authentischer kaum sein könnte: Im Dachgeschoss der Schule, wo der Künstler gewirkt hat und 1940 gestorben ist. Zum 25. Jahrestag wird das Atelier, verstärkt mit den neuen Bildern, nun neu eröffnet. Mit einem umfangreichen Schleith-Archiv (Briefe) sei es zu einer Erinnerungsstätte für den immer wieder vergessenen großen Wiesleter Maler geworden, schreiben die KUK-Initiatoren.


Nach einem Bericht der Badischen Zeitung / Original-Text & Foto: Dirk Sattelberger
 

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