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Presse - Aktuell                          

BZ - Bericht vom 15. März 2010


Jeannots pieksende Karikaturen

Die eventuell letzte Sonderausstellung im Friedrich-Ludwig-Museum zeigt die humorvoll-hintersinnigen Werke Weißenbergers.

Von seinen besten Seiten präsentierte sich Multitalent Jeannot Weißenberger am Freitag in Wieslet: Als Zeichner, Karikaturist, alemannischer Liedermacher, Sänger und Gitarrist. Kein Wunder, dass bei der musikalisch-kabarettistischen Vernissage die Dorfkirche mit über 120 Besuchern voll besetzt war und im Friedrich Ludwig-Museum dichtes Gedränge herrschte, als Weißenbergers Ausstellung mit Karikaturen eröffnet wurde.

Man mag kaum glauben, dass diese Sonderschau der Initiative Kunst und Kultur Kleines Wiesental (KuK) "Jeannots" erste Einzelausstellung überhaupt ist. Dabei zeichnet der Schopfheimer Grafikdesigner schon seit Jugendtagen und hat schon in den 70er Jahren die ersten Pressekarikaturen angefertigt. Viele solcher witziger Zeichnungen, die mit spitzer Feder lokale Ereignisse und Stadtgeschehen aus Schopfheim und Lörrach glossieren und kommentieren, sind jahrelang in Tageszeitungen, auch in der Badischen Zeitung, erschienen. Eine Auswahl dieser Karikaturen und "Jahresrückblicke" in karikaturistischer Form sind nun im Ludwig-Museum zu sehen.


Mit spitzer Feder: Humorvolle Karikaturen und Zeichnungen zeigt
Jeannot Weißenberger in der am Freitag eröffneten Sonderschau
im Ludwig-Museum Wieslet. Foto: Roswitha Frey

Da kann man über manche Geschehnisse und Persönlichkeiten schmunzeln, die vor allem in den 80er Jahren in den Schlagzeilen waren. Bissig, satirisch, mit ins Schwarze treffendem Humor hat Weißenberger verschiedene Sujets aufgespießt: Da sitzen etwa die Gäste im Biergarten an der Hauptstraße mit Gasmasken im Abgasnebel. Oder ein "Dieb" schleicht sich mit dem "Freudenbergareal" aus dem Schlafzimmer der Stadt...

Neben diesen tagesaktuellen Karikaturen zu kommunalpolitischen Themen in der Markgrafenstadt zeigt der Grafiker aber auch Zeichnungen, die spontan aus einer Idee heraus entstanden, zum Beispiel der exhibitionistische Roboter. Auch umweltkritische Arbeiten sind darunter. So hat Jeannot mehrfach das Thema Waldsterben aufgegriffen und weinende Bäume gezeichnet, die unter rauchenden Industrieschloten leiden und vom Arzt abgehorcht werden mit der Diagnose: "Sie müssen unbedingt mit dem Rauchen aufhören...". Als leidenschaftlicher Musiker hat der 58-Jährige auch ein paar Rockstar-Porträts gezeichnet, etwa Mick Jagger mit Wulstlippen und zerknittertem Gesicht. Die Porträts gehen auch eher in Richtung Karikaturen, denn die Physiognomie wird bewusst überspitzt dargestellt.

Blickfänge sind die großformatigen cartoonähnlichen Zeichnungen, die der Schnitzelbänkler Jeannot Weißenberger seit vielen Jahren für die Zunftabende gestaltet. Im Gegensatz zu den feineren, präzisen Linien in den anderen Karikaturen sind diese großen Bilder schnell, einfach und kraftvoll in den Konturen umrissen. Auch der Witz und die Pointen dürfen schon mal kräftiger und plakativer ausfallen in diesen humorigen Bildern mit Vierzeilern in der Art von Limericks. So macht der Karikaturist hier hintersinnige Anspielungen auf Skandale bei den Royals, auf gierige "Spanner" oder die "Grünen", die Bäume retten. Besonders humorvoll ist das Bild vom Musiker mit Klampfe, der sich wie einer der populären "Amigos" vor Autogrammjägern nicht mehr retten kann. Die Schau gibt einen trefflichen Eindruck vom zeichnerischen Können, dem sicheren Strich, pointierten Witz und Einfallsreichtum des Künstlers, der Karikaturisten alter Schule wie Horst Haitzinger schätzt und vom großen Cartoonisten und Satiriker F.K. Waechter und der Frankfurter Schule geprägt wurde.

So vergnüglich die Karikaturen anzusehen sind, so unterhaltsam war schon die Vernissage, bei der Weißenberger zusammen mit seinem Bruder Christian, mit dem er das Duo "Knastbrüder" bildet, und dem Gitarristen Mark Wise auftrat und diverse eigene Lieder brachte – sehr zur Begeisterung des Publikums. Etwa das Belchelied, das Lied "Schluckeli", eine Hommage an den Wirt Santino Baldassarre, oder "De Indianer" über den Onkel, der so schön zeichnen konnte. Einen lustigen alemannisch-italienischen Dialog in Comedy-Sketchform lieferte sich Weißenberger mit Salvatore Invernale. Sehr gut kam auch Dieter Spinolis Beitrag an, der die Vielseitigkeit von Jeannot mit feinfühligem Humor vorstellte.

Mit einem lachenden und weinenden Auge begrüßte Hans Viardot die Gäste zu dieser voraussichtlich letzten KuK-Vernissage im Ludwig-Museum und wies auf die stattliche Zahl von über 15 660 Besuchern in elf Museumsjahren hin. Ob und wie es weitergeht mit dem Ludwig-Museum, ist noch offen und wird erst nach einem anberaumten Gespräch Ende März entschieden.

Info: Die Ausstellung dauert bis zum 16. April, geöffnet Sonntag 14 bis 17 Uhr.


Bericht und Foto: Roswitha Frey

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