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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen"

 

 

 

Seltene Ofenkacheln im Hühnerstall

Ofenkachel-Experte Rolf Schatz referierte beim „Krone"-Frühschoppen
über bäuerliche Ofenkeramik im Wiesental

Rolf Schatz mit Beispielen seiner schwarz-grün schablonierten Kacheln
mit ihren stilisierten Blumen- oder Diagonalmustern.   Foto: privat

Beim jüngsten „Krone"-Frühschoppen referierte Rolf Schatz über „bäuerliche Ofenkeramik des Wiesentals und des Markgräflerlandes". Der Ofenkachel-Spezialist aus Lörrach erzählte von Apostelkacheln, wandernden Modeln, Patchwork-Öfen und der explodierenden „Chunscht". Mit zahlreichen Dias illustriert und mit Anekdoten gewürzt war der unterhaltsame Vortrag.

1975 stieß der Hobby-Mineraloge in einer Schutthalde bei Hinterheubronn auf alte Ofenkacheln, Grundstock seiner Sammlung und Auslöser seiner Sammler-und Forschertätigkeit. Wie ein Staubsaugervertreter sei er jahrelang von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus gezogen. Heute gilt er mit seinen Büchern über die „Südbadische Ofenkeramik des 16. bis 20Jahrhunderts" als Spezialist auf diesem Fachgebiet.

Zwischen Breisgaü, Münstertal und Wiesental bis hin zum Genfer See war Schatz unterwegs. Ihm ist es zu verdanken, dass viele der für Südbaden typischen Dekors gerade noch rechtzeitig vor dem letzten Gang zur Müllhalde dokumentiert und somit der Nachwelt erhalten wurden.

Schatz zeigte einige schöne Reliefkacheln, wie sie vor Beginn des 18. Jahrhunderts in Mode waren, mit Motiven vom Schweinehirten über den „Wilden Mann" bis zu auswechselbaren Aposteln. Sein Hauptgebiet sind die im 18. und 19. Jahrhundert entstandenen schwarz-grünen schablonierten Kacheln mit ihren stilisierten Blumen- oder Diagonalmustern. Zu dieser Zeit waren Staufen und Kandern Metropolen der südbadischen Ofenkeramik. Doch auch in vielen anderen Orten arbeiteten Ofenhafner, etwa in Schopfheim.

Für die Herstellung der Schablone wurde das Kacheldekor aus Ziegenleder heraus geschnitten, die Schablone auf die rohe Kachel aufgelegt und das Dekor mittels Pinsel und weißem Schlicker übertragen. Auf diesen reservierten Stellen färbte sich die kupferhaltige Bleiglasur grün, die offenen Bereiche wurden schwarz. Fürs Wiesental charakteristisch waren Kacheln mit stilisierter Blüte im Mittelpunkt, kreuzförmig umgeben von Bögen aus feinen Blättern, die Kanten verziert mit umlaufenden vierblättrigen Kleeblättern. Im 19. Jahrhundert wurden himmelblaue Frieskacheln modern - es entstanden gewagte Farbkombinationen aus schwarz­grün und himmelblau.

Rund 80 Jahre hält ein Ofen. Kacheln sind langlebiger und wurden häufig wieder verwertet. Schatz zeigte ein eigenwilliges Patchwork-Exemplar aus Lehnacker: Hier wurden sämtliche noch brauchbare Füllkacheln, ganze, halbe oder noch kleinere, plus einige hochkant eingesetzte Frieskacheln zu einem - immerhin - funktionstüchtigen Ofen zusammen gefügt. Manche seiner Schätze fand Schatz an ungewöhnlichen Orten, zum Beispiel in einem mit himmelblauen Ofenkacheln gefliesten Hühnerstall in Bürchau. Der Landwirt überließ diese dem Sammler bereitwillig: „Den Hühnern ist's egal".

Eine Rarität waren die ortografisch eigenwillig beschrifteten Kacheln mit Wirtshaus-Reimen: „Oh Wein, könnt' ich dich meiden, zog' ich hinaus in Samt und Seiden". Und die explodierende „Chunscht"? Hierzu kann es durch das Verheizen von Walnussschalen samt ölhaltiger Nussreste kommen, warnte der Ofenfachmann.


Vorstandsmitglieder des Tegernauer „Krone"-Vereins und Referent Rolf Schatz vor dem restaurierten Ofen
im „Krone"-Nebenzimmer: Von links Gerhard Wagner, Rolf Schatz, Hans Viardot.    Foto: Silke Hartenstein

Zum künftigen Wirtshausmuseum „Krone" hat Schatz eine besondere Beziehung. Hier war er gern zu Gast und stellte irgendwann fest, dass die „Chunscht" in Wirtsstube und Nebenzimmer braun überlackiert war. Immer dann, wenn Wirtin Luis Kallfass im Keller Bier holte, kratzte er mit einem Fünfmarkstück den Lack ab, bis die himmelblau-weiße Originalglasur frei lag. Jahre später stellte er im Nebenzimmer diesen Originalzustand wieder her.



Bericht: BZ /
Silke Hartenstein

 

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