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Der
Mensch braucht Kunst
Beim Frühschoppen
in der alten Krone warnte Peter Kern vor der "Monetarisierung" des Lebens.

„Kunst ist überlebensnotwendig“ sagte Peter Kern bei seinem Vortrag
in Tegernau.
Foto: Privat
"Kunst – Nein
Danke?" So lautete das Thema des jüngsten Frühschoppens im Wirtshausmuseum
"Krone" in Tegernau. Und dort glänzte als Referent Professor Dr. Peter
Kern aus Schopfheim, der ein leidenschaftliches Plädoyer für die
Notwendigkeit der Kunst für unser gegenwärtiges und zukünftiges Leben gab.
Wären sie nur da
gewesen, die verantwortlichen Politiker von Kreis, Land, Bund, die über
die finanzielle Unterstützung von Kunst zu entscheiden haben. Kern
skizzierte rasch die Realität: Leere Kassen, Sparen, Kürzen, Streichen.
Das erste Opfer: Die Kunst, weniger Geld für Musik, Literatur, Theater,
für Museen. Entsprechende Kahlschläge auch an Schulen, Hochschulen und
Universitäten. Was der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit nicht zu dienen
scheint, wird als vermeintlich überflüssiger Plunder in den Mülleimer der
Geschichte geworfen: Musik- und Kunstunterricht fallen dem ebenso zum
Opfer wie ganze Zweige der Humanwissenschaften.
Diese Selbstzerstörung unserer kulturellen europäischen Tradition deutete
Kern als alarmierendes Zeichen der gegenwärtig stattfindenden
"Monetarisierung" aller Lebensbereiche. Wir seien in der Postmoderne wie
verhext vom Voodoo-Zauber unseres ökonomischen Wachstums und vernarrt in
die geistlose Anhäufung von Werten und Kapital. Es zähle nur noch das, was
sich zählen lässt. Damit lässt sich aber keine gelingende Zukunft
gestalten, ganz im Gegenteil, so Kern.
Hier nun, so zeigte er auf, könne die Kunst einen Damm gegen den Geist
geistloser Zeiten errichten. Mit kühnen Pinselstrichen entwarf Kern die
mehrseitige Funktion von Kunst. Vom antiken Kunstverständnis bis zur
Gegenwartskunst wurde eine Gedankenkette entfaltet, die Kunst als Leben
fordernde Kraft sichtbar machte. Das Ergebnis solcher Überlegungen: "Kunst
ist überlebensnotwendig". In ihr liege eine zukunftsichernde Macht, "die
unsere streichwütigen Politiker fälschlicherweise nur in der Wirtschaft
sehen können".
Nach dem Vortrag gab es eine intensive und spannende Diskussion, die dem
Referenten viel abverlangte. Wie klärt man Grundsatzfragen wie die nach
dem Wesen der Schönheit, ohne akademisch unverständlich zu werden? Hier
verbündete sich der Wissenschaftler Kern mit dem "Vollmer Gretli", der
Kleinwiesentäler Mundartdichterin. Alles Wichtige ist einfach zu sagen,
sonst ist es noch nicht verstanden. Und die vorgetragenen alemannischen
Gedichte spiegelten überzeugend mindestens diese These von Kerns Vortrag:
Der Sinn von Kunst liegt auch darin, dass wir genauer wahrnehmen und
dadurch achtsamer werden, achtsamer uns selbst gegenüber, dem Mitmenschen
gegenüber und auch im Blick auf die Natur. Hier musste ja das Stichwort
"Mülldeponie Scheinberg" fallen.
Bericht. BZ/KUK
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