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Die
Leiden des Dichters
Viel ist bekannt
über das literarische Wirken von Johann Peter Hebel.
Weniger bekannt ist die Krankengeschichte und die Todesursache des
Dichters.
Prof. Hans Berthold sprach darüber in Tegernau.

Prof. Dr. Hans
Berthold aus Freiburg sprach im Gasthaus Krone in Tegernau über Hebels
Leiden
Foto: Heiner Fabry
Nach den
informativen Festreden und Vorträgen im Jahr des 250. Geburtstags von
Johann Peter Hebel mag der große Theologe, Pädagoge und Dichter vielen als
der heiter-besinnliche Autor der Kalendergeschichten und der alemannischen
Gedichte im Gedächtnis geblieben sein. Dass Johann Peter Hebel auch ein
zeitlebens kranker und bei seinem Ende schwer leidender Mann war, stellte
der Freiburger Professor Hans Berthold in seinem Vortrag beim
Krone-Frühschoppen am Sonntag klar – und lüftete gleichzeitig das
Geheimnis um Hebels Todesursache.
Mit einem Zitat des
Dichters zeigte Hans Berthold einleitend, dass für Johann Peter Hebel "die
Einheit von Seele und Körper das unteilbare Ich" des Menschen ausmachte
und verwies auf die Wechselwirkungen, die ein leidender Körper auf das
Seelenleben und die Empfindsamkeit eines Menschen ausüben kann. Hans
Berthold konzentrierte sich in seinen Ausführungen auf die Selbstzeugnisse
Hebels aus Briefen sowie Arztberichte und den Sektionsbericht, der nach
Hebels Tod angefertigt worden war.
Johann Peter Hebel klagte schon früh über Koliken, Katarrhe mit
Krampfhusten sowie Zahnweh und Entzündungen im Mund- und Rachenbereich.
Die chronische Bronchitis mochte mit Hebels Tabakkonsum zusammenhängen,
hatte man ihm doch schon als Student den Spitznamen "Knaster" verpasst.
Die Trennung von der Heimat und der Aufenthalt und die Pflichten, die
Hebel in seiner Zeit als Lyceums-Direktor und Prälat in Karlsruhe
aufgebürdet wurden, erlebte er nach eigenen Aussagen als "Fluch und
Verdammnis". Eine extreme Belastung war es für ihn, dass ihm seine
Dienstpflichten die Möglichkeit nahm, die Arbeit an seinen alemannischen
Gedichten fortzusetzen.
In seinen letzten Lebensjahren verdüsterten die ständigen Beschwerden das
Leben Hebels. Er fühlte sich stumpf, melancholisch, und alle Lebensfreude
war ihm verloren: "Ich sterbe täglich", schrieb er 1812, "es sind mir alle
Freuden am Leben vergangen." Und 1821: "Seit zwei Jahren war ich nie
heiter". Hebel klagte zunehmend über Unterleibsbeschwerden. Besucher
schilderten, dass sein Gesicht und seine Hände zitterten. Nach einer
Kahnfahrt auf Rhein und Neckar im Jahre 1826, die Hebel als äußerst
beglückend empfand, hatte er die erste Ahnung seines Todes. Kurz darauf
starb er in Schwetzingen.
Im Sektionsbericht, der nach Hebels Tod erstellt wurde, wurden als
Todesursache ausgedehnte Verwachsungen und chronische Ausstülpungen im
Darm festgestellt; ein Dickdarmkrebs, der zu Darmverschluss und einem
Aufbruch des Darms führte. Er führte zu Hebels Tod.
Die Doktorarbeit, in der Hans Berthold seine Arbeitsergebnisse
zusammenfasste, liegt seit 1960 vor. Trotzdem wird auch in neueren
Hebel-Biografien noch häufig Magenkrebs als Todesursache angegeben. "Es
gibt halt viele Hebel-Trittbrettfahrer", schmunzelte der heitere Emeritus
in der Krone, "aber Sie wissen es jetzt besser." Auch das Schlusswort von
Professor Berthold verdient es zitiert zu werden: "Johann Peter Hebel war
ein großer Mensch und Dichter, Hebel zu lesen, kann nie zu viel sein."
Bericht: BZ/Heiner Fabry |