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Wischen ist Macht, weiß die Putzfrau
Alice Fahrion
sorgt für ein volles Haus in der "Krone" Tegernau.

Alice Fahrion als reizendes Stubenmädchen vermochte es im Handumdrehen,
das Publikum
zu bezirzen. Foto: Roswitha Frey
Oh là là,
Mademoiselle Nicole! Das war eine ganz schön pikante Lektion in Sachen
Lebenslust und "L’amour", die das französische Stubenmädchen dem Publikum
im Wirtshausmuseum "Krone" in Tegernau erteilte. Die aufreizende, elegante
Nicole aus Paris war eine der Glanzrollen der Schauspielerin Alice Fahrion,
die zusammen mit Helga Geiger die Zuschauer im proppenvollen "Krone"-Saal
mit witzigen Theaterszenen, Geschichten und Liedern amüsierte.
Wie wandlungsfähig Schauspielerin Alice Fahrion ist, die seit einigen
Jahren in Wieslet lebt, zeigte sie im ersten alemannisch-schwyzerdütschen
Sketch "Es funkt uff em Hof". Da spielt die hübsche Aktrice bäuerlich-derb
kostümiert mit kariertem Hemd, Hosenträgern, Mütze und Riesenzinken den
einfältigen, arbeitsscheuen Knecht, der nicht gerade der Hellste ist.
Verschmitzt und bauernschlau gibt Fahrion diesen Burschen, der sich
ungeniert am Kopf kratzt und über "luusige Zitte" schwadroniert. Die
Wiesleterin Helga Geiger spielt in adretter Schürze die patente Bäuerin,
die über ihren faulen Knecht schimpft; umso lustiger wird es, als die
ehrbare Witwe ein Auge auf den Trampel wirft und bei dem ungleichen Paar
Frühlingsgefühle erwachen.
In diese Szene sind Gedichte von Gerhard Jung und Werner Richter
eingebaut, und es macht riesigen Spaß, wenn Helga Geiger als Hausherrin
auf dem Hof über das Dorf- und Familienleben, den Tegernauer Jassclub,
Lausbuben und feine Madams, Badener und Schwobe sinniert.
Nach diesem deftig-humorigen Abstecher wehte ein Hauch Pariser Flair in
die "Krone", als Alice Fahrion mit Netzstrümpfen, Schürzchen und Häubchen
als Mademoiselle Nicole auf die Bühne stöckelt und die Kleinwiesentäler in
die Geheimnisse französischer Verführungskünste einweiht. Sie sei
Stubenmädel im Elysée gewesen und will ihren Nicolas Sarkozy ("Ich nenne
ihn Bonsai") erobern, aber die eifersüchtige Carla Bruni habe sie in den
Schwarzwald "entführt". Mit charmantem Akzent bezirzt Fahrion nicht nur
die männlichen Gäste als kapriziöse Pariserin, die ein frivol-erotisches
Chanson von Helen Vita singt.
Nach der Pause war die Schauspielerin in einer komplett anderen
Paraderolle zu bewundern: Die der resoluten Putzfrau Rosy, die in
Kittelschürze und Kopftuch, auf den Besen gestützt, munter und unverblümt
drauflos schwätzt. Rosy putzt in der Stadtbibliothek Basel und ist vom
Literatur-Virus angesteckt, also garniert sie ihre kabarettreifen
Ansichten und Einsichten über das Leben, die Liebe, den Alltag im Dorf mit
Auszügen aus Büchern und Gedichten, die ihr gefallen – von Martin Suter
bis zu Heinz Erhardt. "Wischen ist Macht", ist Rosys Devise. Für größte
Erheiterung bei dieser kabarettistischen Glanznummer der "Schwiizeri us em
Chleine Wiesedal" sorgen Rosys Geschichten vom "Wiesleter Bermudadreieck",
von Beizen und Schnäpsen, von einem Allheilmittel und vom Feiern. Da lebt
das Dorfleben liebevoll-ironisch auf.
Zum Höhepunkt dieser glänzend gespielten Nummer kommt es, als sich Helga
Geiger in komödiantischer Spiellaune als Kollegin dazugesellt und sich die
beiden ungeniert über Liebe und Männer unterhalten.
Bericht: BZ/Roswitha Frey
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