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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen"

 

 

 

Premiere für einen Dorffotografen

Wilhelm Senn fotografierte Menschen und Ereignisse zwischen 1920 und 1950 /
Sein Enkel Harald Senn präsentiert nun erstmals die 700 Bilder.


Wilhelm Senn 


Haus im Kleinen Wiesental - ev. Vorbereitung eines Brückenbaus über die Kleine Wiese

Fotos: Repro Harald Senn

Wilhelm Senn war Landwirt, Tüftler und leidenschaftlicher Fotograf. Im Kleinen Wiesental und darüber hinaus hat er als Dorffotograf das Leben festgehalten: Menschen beim Feiern, beim Betrachten des gebrochenes Damms am Nonnenmattweiher 1920 oder beim Bergrennen am Schauinsland in der 30ern und vieles mehr. Das alles ist lange her. Und fast wären die Schwarzweißbilder von Wilhelm Senn, der von 1900 bis 1951 lebte, in Vergessenheit geraten.

Doch Wilhelm Senns Enkel, Harald Senn, hat sich dieses heimatgeschichtlichen Schatzes angenommen. Nicht weniger als 700 Fotos hat er in den letzten Monaten gesichtet und aufgearbeitet. "Es war schon immer bekannt, dass es diese Bilder gibt", berichtet Harald Senn, der wie damals der Großvater in Bürchau lebt. Doch erst jetzt, nach seiner Pensionierung, hat Harald Senn Zeit für die Bearbeitung gefunden.

Sein Großvater, der "Bollschwieler-Willi", hat auf 10 mal 15 Zentimeter großen Glasplatten fotografiert, und darauf sind lediglich Negative abgebildet. Deswegen hat Senn junior die Glasplatten gescannt und in seinem Rechner in ein Positivbild verwandelt. So können die Aufnahmen leicht am Monitor betrachtet oder auf eine Wand projiziert werden. Und genau das plant Harald Senn im Wirtshausmuseum "Krone" in Tegernau am Sonntag, 19. August , um 11 Uhr. Es ist das allererste Mal, dass die Bildersammlung der Öffentlichkeit präsentiert wird. Man darf nun gespannt sein, wer und was genau dem Fotografen eine Aufnahme wert war. Die Schwarzweißfotografien stammen aus den 20er, 30er und 40er Jahren und sind laut Hans Viardot vom "Krone"-Team gestochen scharf. Zu sehen gibt es Bilder von Hochzeiten, von Vereinsfesten, Konfirmationen, Fastnacht, Erntedankfeiern, Glockenweihen, Kindern und Verstorbenen im Sarg. Auch Holzmacher, Briefträger, Straßenwarte, Theaterspieler, Wegebauer, Schlittenfahrer, Schneebahner, Kuh- und Pferdegespanne und Radfahrer sind darauf verewigt.

Es sind auch Bilder mit NS-Emblemen und Zwangsarbeitern zu sehen. Die Bilder hat der "Bollschwieler-Willi" in Bürchau, Neuenweg, Elbenschwand, Oberhäuser, und Kühlenbronn und darüber hinaus aufgenommen. Ein Bild zeigt ein Luftschiff am Himmel über Grenzach, ein anderes den Bergsee bei Bad Säckingen.

Harald Senn hat seinen Großvater zwar nicht kennengelernt (dieser starb 1951), wohl aber seine interessante Werkstätte mit Dreh- und Drechselbank und dem kleinen Fotolabor, in dem die lichtempfindliche Schicht der Glasplatten entwickelt und fixiert wurde. "Das Fotolabor hatte mein Großvater unter einer Stiege eingerichtet. Es war nur einen Meter breit und einen Meter lang.

Dort hat er ganz, ganz spartanisch die Platten entwickelt", erinnert sich Harald Senn an Zeiten, in denen er als Kind an den Wirkstätten des Großvaters spielte. Die Glasplatten wären übrigens um Haaresbreite ein Raub der Flammen geworden, berichtet Harald Senn weiter: Eines Tages hatte er die Glasplatten aus dem Elternhaus zu sich nach Hause abtransportiert.

"Kurz darauf ist das ganze Haus abgebrannt", sagt er. Auf diese Weise wurden die Platten ein erstes Mal gerettet.


"Diese Glasplatten sind ein einmaliger Schatz für das Kleine Wiesental, eigentlich eine kleine Sensation", ist Hans Viardot entzückt. Wer sich davon überzeugen will, sollte sich frühzeitig um einen Sitzplatz in der "Krone" kümmern. Es könnte voll werden, und wie, beziehungsweise ob Harald Senn die Bilder in Zukunft öffentlich zugänglich macht, ist derzeit noch offen.

 

Bericht: BZ/Dirk Sattelberger

 

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siehe auch: Geschichte auf Glasplatten  und Zeitgeschichte auf 700 Glasplatten