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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen"

 

 

 

Die Pilgerin aus dem „Merkel-Land"

Brigitte Ritter berichtet von ihren Erfahrungen auf dem Jakobsweg /
Besonderen Menschen begegnet


Brigitte Ritter und Berthold Hünenberger.     Foto: privat

Die ländliche Gegend, das einfache Leben und vor allem die schönen Begegnungen sind Antrieb für Brigitte Ritter aus Sallneck, seit fast 20 Jahren regelmäßig auf dem Jakobsweg zu pilgern.'

Brigitte Ritter liebt die Freiheit und das einfache Leben auf ihren Pilgerreisen. Einen Rucksack mit den nötigsten Habseligkeiten - mehr braucht es nicht. Beim Pilgern lernt man sich selbst gut kennen, und so weiß die 52-Jährige, dass sie das Pilgern verändert hat. Sie ist gelassener geworden, was sich besonders im stressigen Alltag zurück in Deutschland bemerkbar macht.

Geweckt wurde die Pilger-Leidenschaft 1995, als Brigitte Ritter von ihrem Ehemann Berthold Hünenberger zu einem Urlaub in Spanien und einer Autofahrt entlang des Camino de Santiago überrascht wurde. „Ich hatte damals keine Ahnung vom Jakobsweg", gesteht Ritter, doch ihr Interesse wurde geweckt und so kehrte sie ein Jahr später zurück und begab sich auf ihre erste Pilgerreise.

Brigitte Ritter ist schon immer gerne gewandert, die größere Hürde waren vielmehr die fehlenden Spanischkenntnisse. Heute kann sie darüber lachen, wenn sie daran zurück denkt, dass sie damals auf spanisch eine Forelle bestellen wollte und einen Frosch serviert bekam. Durch die vielen Pilgerreisen, die die medizinische Fachangestellte seither unternommen hat, hat sich dieses Problem gelöst. Brigitte Ritter und ihr Mann sind etappenweise den gesamten Jakobsweg von Sallneck bis Santiago de Compostela gelaufen - die Strecke von 2400 Kilometern haben sie in acht Reisen zurückgelegt.

Heute läuft Brigitte Ritter nur noch alleine. „So bin ich mein eigener Herr, kann meinen Rhythmus finden und mehr Erfahrungen machen", sagt die 52-Jährige. Wenn man alleine unterwegs ist, knüpft man leichter Kontakte. „Man trifft schon lustige Menschen", schmunzelt Ritter, die sich an einen Abend mit sieben Pilgern aus sieben verschiedenen Nationen erinnert. „Das war lustig", so die Kleinwiesentälerin, „wir haben uns dann auf Englisch als gemeinsame Sprache geeinigt."

Nach einem anstrengenden Wandertag wird abends oft in den Herbergen zusammen gekocht, geredet oder ein Glas Wein getrunken. Morgens läuft man meistens zusammen los. „Das verläuft sich aber schnell, und man trifft sich dann bei der nächsten Rast wieder", sagt Ritter, die bei ihren Pilgerreisen echte Freundschaften knüpfen konnte.

Auch mit den Einheimischen hatte die Pilgerin schöne Begegnungen erlebt, ;wie etwa mit einer Bauersfrau, die eine vom Regen verdreckte Pilgergruppe auf eine Suppe und ein Glas Wein in ihre Stube einlud. Ein anderes Mal war Brigitte Ritter mit einem Franzosen und einem Kanandier nach einem anstrengenden Tag in einer Herberge angekommen, um feststellen zu müssen, dass es nichts mehr zu essen gab. Kurzerhand wurden sie von einem Einheimischen in seinen Garten zum Grillen eingeladen. „Mit ihm habe ich noch heute Mail-Kontakt", so Ritter.

Ein lieb gemeintes „Merkel-Land" hört die 52-Jährige oft, wenn sie den Einheimischen sagt, dass sie aus Deutschland

kommt. Die Pilgerin ist beeindruckt von den Spaniern in den ländlichen Gegenden, die nicht viel haben und dennoch glücklich sind: „Deshalb stört mich hier unser Luxus-Denken und dass bei uns immer alles perfekt sein muss."

Um darauf aufmerksam zu machen und ihre Erfahrungen zu teilen, hielt Brigitte Ritter kürzlich einen Vortrag in der Tegernauer „Krone" über ihre letzte Reise im Oktober, bei der sie auf der großen spanischen Pilgerroute „Via de la Plata" von Sevilla bis Cap Finisterre (1100 Kilometer) unterwegs war. Unberührte Landschaften, uralte Städte und fast ausgestorbene Dörfer begegneten ihr. Doch wie ist das, als Frau alleine unterwegs zu sein? „Ich hatte nie Probleme, hatte aber wahrscheinlich auch Glück", so Ritter. Von Pilgern, aber auch von Einheimischen wurde sie immer gut aufgenommen. „Man muss eben auf die Leute zugehen", so die Pilgerin, „es kommt immer darauf an, wie man sich selbst gibt."

 

 

Bericht: MT / Sarah Trinler

 

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