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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen"

 

 

 

Lehrreiche Physikstunde mit Hebel-Geschichten


Christian Wirth brachte mit einem Bunsenbrenner Wasser in einem Kanister zum Kochen
und verschloss ihn danach, was zu einer starken Deformation des Behälters führte.
Foto: Gudrun Gehr 

Johann Peter Hebel (1760 - 1826), umfassender Schriftsteller und Gelehrter seiner Zeit, wäre über den Frühschoppen in der „Krone“ in Tegernau am Sonntagmorgen hell erfreut gewesen und hätte festgestellt: „Schön, dass Ihr Euch an meine Zeit und an mich erinnert“. Der 83-jährige Referent Christian Wirth, pensionierter Gymnasiallehrer für Mathematik, Physik und Chemie in Schopfheim, ist selbst leidenschaftlicher Naturwissenschaftler.

Nach zwei Jahren nahm er sich erneut des Themas „Johann Peter Hebel als Naturwissenschaftler“ an und präsentierte im alten Saal des Gasthauses eine Physikstunde der ganz besonderen Art. Auf seine einzigartige Weise verknüpfte der Referent bei einem mehr als zweistündigem Vortrag seinen charmanten Witz mit seinem pädagogischen Geschick. Wirth ist ausgewiesener Kenner der Werke von Hebel, was auch damit zu tun hat, dass er am gleichen Tag wie Hebel Geburtstag hat (10. Mai).

Nicht nur die Physikstunde von Christian Wirth begeisterte das Publikum. Auch das auswendige und fehlerfreie Rezitieren von Hebels alemannischen Kalendergeschichten hinterließ stark beeindruckte Zuhörer. Nach seiner Pensionierung begann Wirth eine Art „Gehirnjogging“. Hierzu lernte er Hebels Kalendergeschichten aus dem „Rheinländischen Hausfreund“ auswendig. Hebel war Redakteur und schuf Werke der Weltliteratur.

Weniger bekannt ist, dass Hebel auch der Naturwissenschaft zugeneigt war und sich mit zahlreichen Experimenten beschäftigte. Der Pädagoge Christian Wirth hatte zur Matinee mehrere Kisten Laborgeräte mitgebracht und bettete die Experimente ein in Vorträge der Geschichten, in der ungewohnten, aber melodisch modulierten Sprechweise des frühen 19. Jahrhunderts.

Die von Wirth wortgetreu vorgetragenen Geschichten, darunter „Kannitverstan“, „Der Husar in Neisse“ oder „Der Barbierjunge von Segringen“ sind immer noch zeitlos und bis heute aktuelle Lehren und moralische Fingerzeige. Die Geschichten beinhalten stets plötzliche Wendungen mit schmunzelnden Einflechtungen.

     Tanzsaal wird zum Labor

Die Serie der erstaunlichen Experimente eröffnete Wirth mit Hebels Geschichte „Belehrung über das Wetterglas“. Hierzu demonstrierte er die Funktion von Druckluft mittels eines alten Quecksilber-Barometers aus Hebels Zeiten.

Der ehemalige Tanzsaal verwandelte sich zunehmends in ein Physiklabor. So war auch zu erfahren, dass ein Barometer als Höhenmessgerät verwendbar ist. Wie stark der Luftdruck sich in einem mit Wasser gefüllten Blechkanister auswirkt, demonstrierte Wirth mittels einer Gasflamme.

Er erwärmte den Kanister und verschloss den Behälter nach dem Sieden. Nach kurzer Zeit beulte der Kanister wie von Geisterhand stark ein. Noch deutlicher wurde der Prozess durch die Abkühlung des Behälters in kaltem Wasser. Auch das „Goethe-Barometer“, ein historisches Wetter-Messinstrument, wurde vorgeführt.

Bei Hochdruck sinkt das Wasser in der Tülle, bei schlechtem Wetter steigt es. Tropft es aus der Tülle, kommt sogar ein Unwetter.

Weitere überraschende Experimente bannten die Zuschauer. Einem mit Wasser gefüllten Trinkglas wurde ein Tuch übergestülpt, das Glas wurde umgedreht.

Aufgrund des Luftdrucks floss kein Wasser aus dem Glas. Gastgeber Hans Viardot vom KuK assistierte bei den Experimenten.

Als Fazit stellte eine Zuhörerin nach dem kurzweiligen Vortrag fest: „Ich war bei Herrn Wirth in der fünften und sechsten Klasse im Gymnasium“ Und als ob sie es selbst nicht glauben konnte: „Damals hatte ich sogar eine Eins in Mathe“.

     Viele Kröten überfahren

Tier- und Naturliebhaber Wirth appellierte an die Kraftfahrzeug-Benutzer im Kleinen Wiesental. „Bitte achten Sie bei Regenwetter auf die kleinen Kröten auf Ihren Straßen, die sich in Richtung Bach fortbewegen“. Er hatte bei der Fahrt durch das Kleine Wiesental eine Vielzahl überfahrener Frösche feststellen müssen. Wirth sagte: „Respekt gilt jedem Lebewesen in seiner Individualität, sei es auch noch so winzig.“



Bericht: MT/ Gudrun Gehr

 

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