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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen"

 

 

 

Schutzzauber im alten Fläschchen

Kronefund ist einzigartig in Süddeutschland und stammt aus dem 14./15. Jahrhundert /
Werner Störk referierte über Waldglas


Werner Störk und Hans Viardot halten einen einzigartigen Schatz in Händen,
ein altes Fläschchen aus dem späten Mittelalter. Foto: Heiner Fabry


Schutz vor bösen Geistern? Das war wohl die Funktion des „Krone“-Fläschchens. Foto: Privat

"Wer seine Vergangenheit nicht kennt, kann seine Zukunft nicht gestalten. Und wer seine Wurzeln abhackt, kann nicht wachsen." Ausgehend von diesem Zitat von Friedensreich Hundertwasser präsentierte Werner Störk beim Krone-Frühschoppen in Tegernau einen faszinierenden Vortrag über Glas als Kulturgut, der zugleich ein flammender Appell für die Wertschätzung und Bewahrung unserer heimatlichen Kultur war.

"Hier war es so still, man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können", stellte Hans Viardot in seinem Schlusswort fest. Werner Störk schlug die Gäste des Frühschoppens mit seiner lebendigen Schilderung völlig in seinen Bann. Während zwei Stunden präsentierte er eine Fülle an Informationen, historischen Details und spannenden Anekdoten. Die staunenden Gäste lernten die Glasmacher in Venedig kennen, erfuhren, dass der Ursprung der Zwerge und Erdmännlein in unseren Märchen auf Erz sammelnde "Venediger" zurück ging, die Mineralien und Bodenschätze suchten, die nördlich der Alpen den Menschen unbekannt waren. Und sie hörten spannende Geschichten von der Bewahrung der Glasmachergeheimnisse in Venedig.

Das spannendste Kapitel seines Vortrags hatte sich Werner Störk für den Schlussteil aufgehoben. Es war dies die Geschichte des "Krone-Fläschchens". Bei den Restaurierungsarbeiten an der Tegernauer Krone war ein etwa sechs Zentimeter langes Fläschchen unter dem Küchenboden gefunden worden. Ein Fund, der zunächst Rätsel aufgab und den Hans Viardot vom Krone-Team Werner Störk zeigte. Der wusste, dass ein ähnliches Fläschchen in Rötteln-Weiler gefunden worden war. Dieses Stück in Rötteln war sorgfältig in einem Sandbett unter einem mächtigen Balken verborgen und enthielt eine dunkle Flüssigkeit. Werner Störks Nachforschungen führten ihn auf die Spur eines Ritualbrauchs zum Schutz der Häuser. Es war im Mittelalter nicht ungewöhnlich, dass solche Fläschchen, gefüllt mit einer Mischung aus Weihrauch und Weihwasser, im Haus vergraben wurden, um das Eindringen böser Geister und Hexen zu verhindern. In die gleiche Kategorie gehört auch das Krone-Fläschchen, wie der Fachmann erläuterte. Allerdings knüpfen sich an diese Erkenntnisse einige weit reichende Konsequenzen. Zum einen bedeutet das, dass die Tegernauer Krone (oder ein Vorgängergebäude) vermutlich deutlich älter ist als die erste urkundliche Erwähnung des Jahres 1735. Denn dieser Brauch stammt aus dem katholischen Umfeld, und unsere Region ist seit 1556 evangelisch. Weiter liegt die Vermutung nahe, so Werner Störk weiter, dass es Glashütten in der näheren Umgebung von Tegernau gegeben hat. Bisher weiß man nur von einer Hütte in Sallneck.

Werner Störk bat die Ortskundigen um Hinweise, wer von Glasfunden im Wald rund um Tegernau weiß, damit dort weitere Nachforschungen angestellt werden können. Und er wartete mit einer weiteren Überraschung auf. Aufgrund der Beschaffenheit, gerade der Dünnwandigkeit des Glases, lässt sich das Krone-Fläschchen auf die Zeit um das 14. bis 15. Jahrhundert datieren. Damit ist dieses Fläschchen nicht nur deutlich älter als das in Rötteln-Weiler gefundene, es ist das älteste und einzige Exemplar eines solchen Schutzzaubers im ganzen süddeutschen Raum.

"Sie haben hier einen Schatz, der absolut einzigartig ist", bekräftigte Werner Störk in seinen Schlussworten. Anhand der Geschichten um das Waldglas in unserer Region verdeutlichte Werner Störk mit Beispielen von aus Unwissenheit zerstörten Fundorten und Glas-Schätzen, dass das Wissen um unsere Geschichte und Kultur äußerst wertvoll ist, die es auch für die Zukunft zu wahren gilt.

Bericht: BZ/Heiner Fabry

 

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