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ÜBER 300 JAHRE ALTE GRABPLATTE ENTRÄTSELT
Wer war Johann von
Markloffsky?
Eine alte Grabplatte
in Neuenweg (Kreis Lörrach) erhält wieder einen Namen.
Und erzählt das
Ende eines Duells, das vor über 300 Jahren tödlich endete.
Foto: privat
Für Kirchgänger ist
eine alte Grabplatte an der Neuenweger Kirche ein gewohnter Anblick, und
das schon seit weit über 100 Jahren. Über ihre Bedeutung wurde vielfach
gerätselt. Vergebens. Doch jetzt scheint es, als ob Heimatforscher Werner
Störk der Grabplatte ihr Rätsel entrissen hat. Es geht um nicht weniger
als Mord oder Totschlag.
Das Epitaph von
Neuenweg ist eine 130 Zentimeter hohe und 88 Zentimeter breite Grabplatte
aus Buntsandstein und zeigt einen doppelten Stierkopf und Nasenring als
Wappen, Straußenfedern und einen umfangreichen Leichentext.
Dort heißt es: "Was mein Gott will, das gescheh allzeit. Amen". Als Lied
wurde es durch Johann Sebastian Bach in der Matthäus-Passion weltbekannt.
Diese Gedenkplatte hängt seit 1808 am Seitenportal der neuen
Nikolauskirche über dem Dorf Neuenweg. Davor war sie an der erstmals 1310
urkundlich erwähnten, alten Kirche im Dorf angebracht. "Das blutige
Geheimnis der Grabplatte an der St. Nikolauskirche in Neuenweg" lüftete
Werner Störk beim jüngsten Krone-Frühschoppen in Tegernau.
Anhand der etwa 500 Kilogramm schweren Grabplatte wurden die Besucher in
einen historischen Kriminalfall auf europäischer Ebene im Kleinen
Wiesental eingebunden. Sie konnten eine intensive Spurensuche durch ganz
Europa in hiesigen Kirchenbüchern, in Archiven in Baden, Bayern, Sachsen,
Österreich, Polen, in der Tschechischen Republik unter anderem in einer
antiquarisch erworbenen Familienchronik und im Internet hautnah
miterleben. Eine Spurensuche über zehn Jahre. Diese Bemühungen gaben einer
bislang unbekannten Person erstmals wieder eine konkrete Gestalt: Johann
von Markloffsky. Ihm gilt die Grabplatte.
Die Spurensuche von Werner Störk, einem Kenner der Regionalgeschichte,
deckte den Schicksalsweg eines Menschen auf, der vor über 300 Jahren im
Alter von 43 Jahren einer Bluttat zum Opfer fiel. Johann von Markloffsky
ist demnach 1691 erstochen worden. Er gehörte dem Adelsgeschlecht Wieniawa
an, das die polnischen Könige stellte und an dem bekannten Prager
Fenstersturz zum 30-jährigen Krieg beteiligt war. Markloffsky sei ein
typischer Berufssoldat gewesen, der beim Kaiser, bei den Kurfürsten von
Bayern und Sachsen und auch in Baden anheuerte, berichtete Werner Störk.
War Markloffsky der Erbauer der berühmten und heute noch sichtbaren
Verteidigungsschanzen auf dem Hau? War er auch Schanzenkommandant? Und
Warum sind die Gerichtsakten darüber verschwunden? Nicht alle Fragen sind
endgültig geklärt. Sicher ist: Seit 1688 bestand Duellverbot "zu Ross und
zu Fuß". Wer sich trotzdem duellierte und dabei starb, wurde ehrlos und
unchristlich auf einem "Schindanger" (einer Grube abseits des Friedhofs)
verscharrt. Ist diese 1692 unter Zeitdruck und damit sehr fehlerhaft
bearbeitete Grabplatte als letztes ehrendes Andenken der Familie in
Neuenweg, weit weg von Kaiser und sächsischen Kurfürsten, entstanden?
Dafür spreche, dass das Familienarchiv seinen Namen ausspart. Das könne
nur von oben angeordnet worden sein, um der Familie die Schande zu
ersparen.
Demnach wäre der damals 43-Jährige bei einem Ehrenhändel mit dem Säbel zu
Tode gekommen. "Alle Indizien weisen auf diese Situation hin", sagt Werner
Störk. Dazu gehöre auch, dass Markloffsky keinen offiziellen Begräbnisort
hat. "Ob er beim Duell Sieger oder Unterlegener war, ist unbekannt, denn
auch Siegern wurde mit der Todesstrafe gedroht", sagt Störk. Er vermutet
aber, dass Markloffsky im Duell starb.
Dieser sonntägliche "Krone"-Frühschoppen war "Heimatgeschichte par
excellence und Spannung pur", freute sich Initiator Hans Viardot aus
Tegernau.
Bericht: BZ/André
Hönig
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