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Morgens, mittags, abends Brägel
Ein Frühschoppen
zur Ernährung einst und heute in der "Krone" Tegernau /
Günter Rosskopf: Die "gute alte Zeit" hat es nie gegeben.
Reich ist heutzutage das Angebot auf dem Wochenmarkt. Nicht alles kannten
die Menschen
im Tal auch schon vor Jahrhunderten. Foto: Angelika Schmidt
Was aßen die
Menschen früher, wie kochten sie, welche Nahrungsmittel standen ihnen zur
Verfügung? Längst ist das Interesse an solchen Fragen wiedererwacht. Nach
drei historischen Vorträgen zur 900-Jahr-Feier in Tegernau ging es diesmal
als "Nachtrag" in der "Krone" um die Ernährung der Kleinwiesentäler in
diesen Jahrhunderten.
Zum 75.
sonntäglichen "Krone"-Frühschoppen mit dem Titel "900 Jahre Tegernau –
unsere Ernährung früher und heute" konnte Hans Viardot vom "Krone"-Team
trotz Hitze viele Interessierte aus der ganzen Region und Referent Günter
Rosskopf begrüßen. Jahrhunderte lang lebten die Menschen im Tal von den
Erzeugnissen ihrer Felder und Gärten und von der Viehzucht. Erst 1730 kam
der Kartoffelanbau in die Schwarzwaldtäler, war da unter anderem zu
erfahren. Er war ein Segen für die Menschen, wobei unwirtliche Sommer wie
in den Jahren 1816 oder 1846 nach weltweiten Vulkanausbrüchen zu
Missernten und damit zu Hungersnöten und Auswanderungen führten.
Bis zum Kuheuter wurde alles verwertet
Oft gab es morgens, mittags und abends "Brägel" und das Nationalgericht
der Alemannen, die "Schweizisuppe". Fleisch gab es in der Regel nur
sonntags und die Innereien wurden von den "gerösteten Hahnenkämmen" über "s’Briesle"
und die "Chuttle" bis zum Kuheuter vollständig verwendet. An Getränken gab
es "Brunnewasser", Milch, "Moscht" aus Äpfeln, Bier oder "Heidelbeeriwii",
den "Hinterwälder Rotwein". Nichts wurde weggeworfen, alles ging in Suppen
und Eintöpfe.Günter Rosskopf hatte als ein in Tegernau Aufgewachsener und
in der Tegernauer "Krone" Aktiver ein Heimspiel und zog mit seiner
jahrzehntelangen Erfahrung als Lörracher "Kranz"-Wirt und als Engagierter
in der Lörracher Suppenküche und in der "Slowfood statt Fastfood"-Bewegung
die Zuhörer in seinen Bann. Bei den vielen Fragen und Anregungen wurde es
ein langer und hoch interessanter sonntäglicher Frühschoppen.
Günter Rosskopf war dankbar, dass es gerade die Landfrauen im Kleinen
Wiesental, in Schallbach und im Landesverband Südbaden waren, die
einfache, schon fast vergessene und heute wieder entdeckte Kochrezepte
aufgeschrieben und veröffentlicht haben, zumal einfache, aber gut
zubereitete Hausmannskost heute wieder gefragt ist. Junge Leute sollten
wieder zum Kochen motiviert werden, findet er. Man solle sich wieder mehr
Zeit zum Einkaufen, Kochen und Essen nehmen. Und man solle nicht so viel
wegwerfen und sich auf regionale Produkte beschränken. Geregelte
Wochenmarktbesuche seien "Lebensqualität". Er forderte "mehr Ehrfurcht und
Respekt" vor den Nahrungsmitteln.
Auf Fragen nach Kühlschranktemperaturen, Aufbewahrung von Speck oder
Salami, Klarsicht- oder Alufolie, Aufkochen von Pilzen und Spinat,
Schimmel im Brot oder dem richtigen Kochgeschirr wusste Rosskopf eine
Antwort. Auch er meinte, die "gute alte Zeit" habe es nie gegeben. Die
Menschen seien damals früh gestorben, häufig auch an
Nahrungsmittelvergiftungen. Hygiene sei wichtig, aber, so ist er
überzeugt, die "heutige Überhygiene ist eine Katastrophe". Schon seine
Großmutter wusste: "Au Dreck macht feiss".
Bericht: BZ/Angelika Schmidt
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