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Die Chronik der sonntäglichen "Krone - Frühschoppen" |
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Ausgewiesener
Hebel-Kenner Die Entstehung der
„Biblischen Geschichten“ von Johann
Peter Hebel
Einige Gäste
zusätzlich hätten schon noch in den Festsaal des Museumsgasthauses „Krone“
in Tegernau
Umso mehr freute
sich der Referent, manche Gesichter nach dem ersten Vortrag im April im
Hebelhaus Hausen erneut wiederzusehen. Der ausgewiesene Hebel-Kenner und
Historiker Elmar Vogt hatte sich in einem Aufsatz im „Jahrbuch für
badische Kirchen- und Religionsgeschichte“ (Band 12/2018) der Entstehung
der „Biblischen Geschichten“ durch Johann Peter Hebel (1756 bis 1826)
gewidmet. Diese Texte wurden von Hebel in der Zeit von 1818 bis 1822
verfasst.
Nach Graubünden
Und nun kam der
Referent zum Herzstück seines Aufsatzes. Er warf die Frage auf, wie es
möglich war, dass dieses Werk mit seinen 59 Geschichten aus dem Alten
Testament und den 64 des Neuen Testamentes ihren Weg ausgerechnet in den
romanischsprachigen Kanton Graubünden fand und dort übersetzt wurde. In
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts existierte in Graubünden ein
Schulbuchmangel, es wurden Versuche unternommen, das völlig unzulängliche
Schulwesen zu verbessern. Vogt berichtete: „Gesucht wurden Schriften von
einem erfahrenen und anerkannten geschickten Schulmann.“ Vogt stellte bei
seinen Recherchen fest, dass sich in Graubünden ein „Verein zur
Verbesserung der Schulen“ um einheitliche Lesebücher für die Volksschüler
bemühte. So fanden die Biblischen Texte von Hebel in diesem Schweizer
Kanton im Zeitraum von 1828/1829 bis 1857 ebenfalls in Schulbüchern ihren
Niederschlag. Zwei rätoromanische Fassungen für das Engadin und das
Oberland (Vorderrheintal) und eine freie italienische für das Puschlav und
das Bergell waren länger in Gebrauch als ihre Vorlage in Baden.
Die Entstehung
Im Jahr 1817, dem
Jubiläumsjahr der Reformation, beschloss eine Generalsynode den
Zusammenschluss der lutherischen und der reformierten Kirche zur Union im
Großherzogtum Baden. Am Prozess beteiligt war auch der aus Hausen
stammende hohe kirchliche Würdenträger Hebel, bereits in seiner Stellung
als Prälat, vergleichbar mit dem heutigen Bischof. Schon damals war er ein
namhafter Dichter. Was fehlte, war ein gemeinsames Schulbuch, der
entsprechende Vorgänger fand keine Akzeptanz mehr. Hebel schlug deshalb
vor, ein eigenes evangelisches Schulbuch, üblicherweise in Form einer
Kinderbibel, zu schreiben.
Als Adressaten hatte
Hebel stets die Jugend, darunter die Konfirmanden, im Alter von zehn bis
14 Jahren, im Auge. Im Dezember 1823 erschienen die Werke im Verlag Cotta
mit dem Jahreszahleindruck 1824. Seine Kinderbibel war für die
Jugendlichen schlicht, natürlich, kurz und lebendig zu lesen. Gerade aus
dem Bereich des Alten Testamentes ließ er alles Grausame weg. Auch
erfolgte der Originaleinband der Büchlein in einer hübschen, den Kindern
gefälligen Ausstattung, dazu gehörte ein roter Umschlag. Kurz nach
Einführung in den badischen Schulen erbat sich zu Hebels größter Freude
auch die katholische Kirche des Breisgaus die Druckrechte für den eigenen
Religionsunterricht. Mehrere Auflagen waren zur Befriedigung der Nachfrage
erforderlich. Bis 1855 wurde die Kinderbibel in den Schulen gelesen und
wurde dann zurückgezogen, mit der Begründung mangelnder Bibeltreue und
Schmälerung der Wirkung der Bibel durch Bemerkungen und Reflexionen.
Dennoch waren die Texte von Hebel unvergesslich: Zwischen 1824 und 2017
erschienen mehr als 40 Auflagen, Ausgaben und Bearbeitungen. Die zeitnahen
Ausgaben zeugen bis heute von der Aktualität von Hebels Werken. Auch
werden diese unverändert noch Priestern als Lektüre empfohlen. Es handelte
sich um Hebels letztes und am wenigsten bekannte Werk.
Kinderbibel
Bereits kurze Zeit
nach der Erstherausgabe der Biblischen Geschichten erschien im Jahr 1826
in Kopenhagen auf dänisch eine erste übersetzte Auflage, 1847 erschien das
Werk in den Niederlanden, 1961 kam es in London in einer englischen
Fassung in den Handel. Im Jahr 2000 erschienen in einem Verlag in
Barcelona entsprechende Ausgaben, sogar bis vor zwei Jahren wurde das Werk
neu aufgelegt.
Auch ein kleiner
geschichtlicher Abriss über Graubünden durften die Gäste genießen. Es gibt
zahlreiche regionale Idiome im „Tal der 150 Täler“, darunter: Surselvisch
(Vorderrheintal), Sutselbisch (Hinterrheintal), Surmeirisch (Albulatal/Oberhalbstein),
Puter (Oberengadin mit Bergün/Filisur) und Vallader (Unterengadin). Das
Romanische wurde in der Hauptstadt Chur durch das Deutsche im 15.
Jahrhundert ersetzt, dennoch blieb es mündlich beim Rätoromanischen. Bis
in das 20. Jahrhundert hinein wurde in der Amtssprache noch Latein
benutzt. Graubünden ist der größte Kanton der Schweiz, allerdings auch der
bevölkerungsärmste. Er besetzt drei Amtssprachen: Deutsch, Italienisch und
Rätoromanisch. Bericht: MT / Gudrun Gehr
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